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NR2F1 in Neuralleistenzellen: ein neuer Ansatz zur Modellierung des Bosch-Boonstra-Schaaf optic atrophy Syndroms (BBSOAS).
Antragstellerin
Magdalena Laugsch, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Humangenetik
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 450057775
NR2F1 ist ein Transkriptionsfaktor, der für die Zelldifferenzierung und Neurogenese notwendig ist. Mutationen oder Deletionen im NR2F1-Gen verursachen das Bosch-Boonstra-Schaaf- Optikusatrophie-Syndrom (BBSOAS), eine seltene, autosomal dominante Krankheit, die sich durch eine breite Palette an Symptomen wie verzögerte Entwicklung, geistige Behinderung, Optikusatrophie, zerebrale Hörstörungen sowie kraniofaziale Anomalien manifestiert. Letztgenannte Gesichtsfehlbildungen sind denen bei Neurokristopathien sehr ähnlich: angeborenen Anomalien und Syndrome, die auf Defekte in der Entwicklung der Neuralleistenzellen (hNCC) zurückzuführen sind. Als temporale embryonale Zellpopulation bringen hNCC mehr als hundert verschiedene Zelltypen hervor, z. B. kraniofaziale Knochen, Knorpel, Innenohr, peripheres Nervensystem und sekretorische Zellen. NR2F1 ist sowohl in neuronalen als auch in hNCC exprimiert und somit an der komplexen kraniofazialen- und Gehirnentwicklung beteiligt. Eine Senkung des NR2F1-Niveaus löst eine Reduktion der Expression von Genen aus, die für die hNCC- und kraniofaziale Entwicklung essenziell sind. Daraus lässt sich schließen, dass die Gesichtsfehlbildungen bei BBSOAS-Patienten auf Defekte in NR2F1-Expression und hNCC-Anomalien zurückzuführen sind.Bisher wurde BBSOAS nur in neuronalen Zellen untersucht. Unsere Ergebnisse werden daher erste Hinweise für die Rolle von NR2F1 und hNCC bei BBSOAS liefern. Dazu werden induzierte pluripotente Stammzellen (hiPSC), die von BBSOAS-Patienten stammen oder mittels CRISPR/Cas9 editiert wurden, in hNCC differenziert. Um die heterogene Manifestation von BBSOAS zu erklären, werden genetische und epigenetische Methoden in Kombination mit komplexen Computeranalysen angewandt und physiologische Unterschiede bestimmt, die aus verschiedenen NR2F1-Defekten resultieren. Dabei werden wir regulatorische Netzwerke, die durch NR2F1 während der hNCC-Entwicklung kontrolliert sind, determinieren. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden das Verständnis der genetischen Grundlagen von BBSOAS stark erweitern. Zudem werden wir in unseren genomweiten Daten nach neuen genetischen Varianten suchen, die mit BBSOAS oder anderen kraniofazialen Abnormitäten assoziiert sind. Unsere Studie bietet dadurch die einzigartige Möglichkeit, das aus einer seltenen Krankheit wie BBSOAS gewonnene Wissen, auf andere, häufige Krankheiten zu übertragen. Durch unsere multidisziplinären Ansätze wird das Spektrum der Techniken und Forschungsgebiete am Institut erweitert und kann auf andere Fragestellung übertragen werden. Beispielsweise können wir zukünftig die pathologische Relevanz von NR2F1 in neuronalen Zellen untersuchen. Dadurch ließen sich Mechanismen entdecken, die die spezifische Regulation und Wirkung von NR2F1 in Neuralleistenzellen und neuralen Zellen steuern. Die weitreichende medizinische Relevanz unserer Ergebnisse bildet somit eine hervorragende Grundlage für weitere innovative Studien.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen