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Editionsprojekt: Lernorte des Völkermords. Lothar von Trothas Tagebücher aus Deutsch-Ostafrika (1894/97) und China (1900/01)
Antragsteller
Dr. Andreas Eckl
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 449370248
Das beantragte Projekt zielt auf die kritische Edition der bislang unbekannten Tagebücher Lothar von Trothas aus dessen Einsätzen, zum einen, als Kommandeur der „Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika“ und stellvertretender Gouverneur daselbst von 1894 bis 1897, sowie, zum anderen, als Kommandeur der „1. Ostasiatischen Infanteriebrigade“ im Rahmen des sog. Boxeraufstands in China in den Jahren 1900 und 1901. Diese Tagebücher, die etwa 3.200 beschriebene Seiten umfassen, ruhen zusammen mit Bildmaterial im Familien-archiv von Trotha, wo die Antragsteller im Rahmen der Sichtung und Auswertung des Nachlasses Lothar von Trothas (EC 410/6-1) auf sie aufmerksam wurden. Die umfangreichen handschriftlichen wie dazugehörigen fotographischen Dokumente stellen Quellen außer-ordentlicher Relevanz für die Historiographie der deutschen kolonialen Expansion insgesamt dar. Die persönlichen Aufzeichnungen spiegeln die Erfahrungen eines Spitzenfunktionärs wider, der die Gewaltgeschichte der deutschen kolonialen Expansion wie kaum ein anderer verkörperte und schließlich im Jahre 1904 in Deutsch-Südwestafrika (im Folgenden: DSWA) den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts befahl.Das geplante Editionsprojekt will der Forschung und der Öffentlichkeit diesen einmaligen Quellenkorpus zugänglich machen, der in verschiedenen Hinsichten einen hohen Erkenntnisgewinn verspricht: Zum einen für die Historiographie der Kolonie Deutsch-Ostafrika (im Folgenden: DOA) sowie des Boxeraufstandes, die als „Lernorte des Völkermords“ auch neues Licht auf die Gewalteskalation in DSWA zu werfen vermögen, zum anderen für die deutsche Kolonialgeschichte insgesamt, da Trothas Karriere eine „imperiale Biographie“ (David Lambert) par excellence darstellte, welche heterogene Gebiete an den Rändern des Deutschen Reiches sowie in Übersee miteinander verband und damit das Deutsche (Kolonial- ) Reich in seinem Zusammenhang fassbarer macht. Schließlich handelt es sich um Quellen von erheblicher gesellschaftlicher, d.h. vor allem: politischer wie rechtlicher, Relevanz. Bei seinen Einsätzen legte Trotha umfangreiche natur- und völkerkundliche Sammlungen an und dokumentierte sie in seinen Aufzeichnungen; diese Sammlungen ruhen immer noch in Depots von Museen, wo sie ihrer Rückgabe an die Ursprungsländer harren. Für die Ermittlung der Restitution der fraglichen Güter bildet der Nachlass Trothas somit eine einzigartige und unver¬zichtbare Quelle.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen