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Das Antiphonar des Ordens von Grandmont im Kontext der eremitischen Reformliturgien des hohen Mittelalters

Fachliche Zuordnung Katholische Theologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 43762211
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zu den bedeutenden spirituellen Reformströmungen des hohen Mittelalters zählt die eremitische Bewegung, die in Süd- und Westfrankreich ihren Höhepunkt im späten 11. Jahrhundert erreichte. Ausgehend von charismatischen Gründungsgestalten bildeten sich aus Einsiedeleien Mönchskommunitäten oder gar ganze Ordensgemeinschaften neuen Zuschnitts. Ihr strenger Lebensentwurf verband Elemente traditioneller monastischer Kultur mit der sich am Evangelium sowie am altkirchlichen Einsiedlertum orientierenden Inspiration des Eremitismus. Das spezifische Profil eremitischer Ordensgründungen konnte nicht ohne Folgen für die Gestalt der hier gefeierten Liturgie bleiben. Ein herausragendes Beispiel dafür ist das Antiphonar (das Buch, das die Gesänge des Stundengebets enthält) des Kartäuserordens. Die im Vergleich zum Hauptstrom der mittelalterlichen Überlieferung höchst originelle Struktur des kartusienischen Antiphonars, das sich in Auswahl, Textform und Anordnung der einzelnen Stücke strikt an der Bibel orientiert, galt bislang als analogielos in der Liturgiegeschichte des Mittelalters. Gegenstand des Forschungsprojekts war das Antiphonar des Ordens von Grandmont, der auf die Eremitage des Stephan von Muret (ab 1076) zurückgeht. Der Grammontenserorden hatte in den ersten Jahrhunderten nach seiner Gründung eine beachtliche Ausdehnung in Frankreich erreicht, geriet jedoch nach seiner Aufhebung im Jahr 1772 weitgehend in Vergessenheit. Die nur in wenigen erhaltenen handschriftlichen Quellen bezeugte Ordensliturgie stellt eine einzigartige Parallele zur Kartause dar: Das Antiphonar von Grandmont ist nach denselben, teilweise.bereits in karolingischer Zeit (Agobard von Lyon, Amalar von Metz) formulierten Reformprinzipien gestaltet wie das kartusiensische. In der Anwendung der identischen Prinzipien zeigen sich gleichwohl charakteristische Unterschiede zwischen beiden Orden. Das zentrale Ergebnis des Projekts ist die mit einer ordensgeschichtlichen und liturgiewissenschaftlichen Einleitung versehene Edition der Texte des grammontensischen Reformantiphonars, wodurch überhaupt erstmals ein Teil der Ordensliturgie von Grandmont - und dazu ein besonders charakteristischer - der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Das Antiphonar lässt sich als liturgischer Ausdruck des spirituellen Impulses interpretieren, den der Ordensgründer seiner entstehenden Gemeinschaft mit auf den Weg gegeben hatte: „Non est alia regula nisi evangelium Christi" - „Es gibt keine andere Regel als das Evangelium Christi".

 
 

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