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Europa im Angesicht der Globalisierung 1870-1914 – eine Analyse der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Nationalstaaten (Fortsetzungsantrag)
Antragsteller
Dr. Yaman Kouli
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung
Förderung seit 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 419898253
Für lange Zeit wurde der Aufstieg des europäischen Nationalstaats als Prozess interpretiert, der zu gegenseitiger Entfremdung von Ländern führte, die wenig Interesse an europäischer oder internationaler Kooperation hatten. Diese Annahme haben jüngere Publikationen mittlerweile als falsch zurückgewiesen. Erstens entwickelten sich bereits während dieses Zeitraums einflussreiche Netzwerke von Intellektuellen und Wissenschaftlern, und Weltausstellungen fanden meist in den europäischen Hauptstädten statt. Darüber hinaus waren die Arbeits- und Kapitalmärkte, die Kommunikationsnetzwerke, die Infrastruktur etc. eng miteinander verflochten – nicht nur, aber in erster Linie in Europa. Zweitens handelt es sich um eine Ära, die zahlreiche intergouvernementale Kongresse zeitigte, die häufig in internationale Verträge mündeten. Drittens verstärkte die sog. erste Welle der Globalisierung die gegenseitige ökonomische Abhängigkeit aller Länder, die am Welthandel teilnahmen. Manche Autoren gehen daher so weit und behaupten, der Erste Weltkrieg habe eine Entwicklung harsch unterbrochen, die sich ansonsten noch für längere Zeit hätte fortsetzen können. Angesichts der Dominanz der europäischen Staaten in der internationalisierten Welt sind manche Historiker überzeugt, dass die Anfänge der europäischen Integration in die Ära vor 1914 zurückreichen. Nach dieser Position soll die institutionelle europäische Integration nach 1951 und das hohe Niveau internationaler Kooperation vor 1914 als ein Gesamtphänomen betrachtet werden. Die Studie verfolgt drei Ziele: Erstens soll sie nachweisen, dass der europäische Nationalstaat nicht als politisch isoliertes Phänomen gedacht wurde, im Gegenteil. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts waren sich Politiker der Tatsache bewusst, dass nationale Regelungen und Gesetze nur dann funktionieren konnten, wenn die jeweiligen Staaten in ein Netzwerk von internationalen Verträgen und Regulationen eingebettet waren. Zweitens strebt das Projekt an, die drei Begriffe Globalisierung, Internationalismus und europäische Integration besser voneinander unterscheiden zu können. Durch Analyse der Sozial- und Patentpolitik kann gezeigt werden, dass obwohl international Koordination in beiden Fällen wichtig war, sich die ausgewählten Strategien überraschend stark voneinander unterschieden. Drittens soll die aktuelle Debatte der europäischen Integration durch eine historische Perspektive begleitet werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen