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Ermittlung elastisch-plastischer Beanspruchungen im Einspielzustand mit der Vereinfachten Fließzonentheorie unter Berücksichtigung von Effekten nach Theorie II. Ordnung
Antragsteller
Professor Dr.-Ing. Hartwig Hübel
Fachliche Zuordnung
Angewandte Mechanik, Statik und Dynamik
Förderung
Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 416907346
Die Lebensdauer eines überelastisch beanspruchten Tragwerks, das veränderlichen Belastungen unterworfen ist, hängt davon ab, ob sich ein sog. Ratcheting-Mechanismus entwickelt, der zu einer einsinnigen Zunahme der Beanspruchungen in aufeinander folgenden Belastungszyklen führt (progressive Deformation). Dieser Prozess kommt, abhängig vom Werkstoffverhalten, gegebenenfalls im Einspielzustand zum Stillstand. Für eine Lebensdaueranalyse ist der Maximalwert der dabei auftretenden akkumulierten Dehnung mit vorgegebenen Dehngrenzen zu vergleichen, sowie eine Ermüdungsanalyse durchzuführen, die die Dehnschwingbreite in diesem Einspielzustand als Eingangsgröße benötigt. Die Bestimmung dieser Größen erfolgt gewöhnlich mit Hilfe inkrementeller elastisch-plastischer Analysen für ein Finite-Elemente-Modell des Tragwerks über viele Belastungszyklen. Der hierfür erforderliche Berechnungsaufwand kann dem Zehntausendfachen einer linear elastischen Analyse entsprechen. Die Vereinfachte Fließzonentheorie (VFZT) dagegen gestattet die näherungsweise Ermittlung des Tragwerkverhaltens im Einspielzustand auf vereinfachte Art und Weise, ohne die Abfolge der Belastungszyklen detailliert betrachten zu müssen. Mit nur wenigen linear elastischen Analysen erhält man so eine Abschätzung der akkumulierten Dehnung, der Dehnschwingbreite, des Verformungszustandes usw. Bisher liegt die VFZT allerdings nur für Berechnungen nach Theorie I. Ordnung vor, bei der die Verformungen so klein sein müssen, dass es genügt, die Gleichgewichtsbedingungen am unverformten System zu formulieren. Jedoch ist es nahe liegend, dass bei Tragwerken, die einen Ratcheting-Mechanismus entwickeln können, infolge der progressiven Deformation auch geometrische Effekte zweiter Ordnung auftreten, die es erforderlich machen, die Gleichgewichtsbedingungen am verformten System zu formulieren (Theorie II. Ordnung). Im Rahmen des beantragten Vorhabens soll daher eine VFZT II. Ordnung entwickelt werden. Erste bereits vorliegende positive Erfahrungen für einfache Tragwerke mit einachsigen Spannungszuständen und beschränkt auf wenige Freiheitsgrade lassen das Vorhaben aussichtsreich erscheinen. Allerdings beruhen sie lediglich auf ad-hoc entwickelten Ansätzen, die verallgemeinert und auf ein systematisches Fundament gestellt werden müssen, damit auch komplexere Tragwerke mit mehrachsigen Spannungszuständen und vielen Freiheitsgraden behandelt werden können. Damit gelingt es dann auch, eine durch Ratcheting bedingte Herabsetzung der Beullasten zu erfassen. Dieses Phänomen hat bisher kaum Beachtung in der wissenschaftlichen Literatur vereinfachter Methoden gefunden. Diese Ziele sind von großer Bedeutung, weil keine anderen mechanisch fundierten vereinfachten Berechnungsmethoden bekannt sind, die die Beanspruchungen im Einspielzustand verfestigender Werkstoffe quantifizieren können, schon gar nicht unter Berücksichtigung von Effekten nach Theorie II. Ordnung.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen