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Spinoza und der 'Expansive Naturalismus'

Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Förderung Förderung in 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 398352816
 
‚Naturalismus‘ wird in den gegenwärtigen Diskussionen von vielen Autoren als nahezu synonym mit der modernen Philosophie im angelsächsischen Raum angesehen. Dieser Denkform liegt die Überzeugung zugrunde, dass alle Hinsichten auf die Wirklichkeit auf ‚Natur‘ im Sinne des raum-zeitlich bestimmten Materiellen, das durch die empirischen Naturwissenschaften untersucht wird, reduziert werden können. Auf die so verstandene Natur sollen alle auch Phänomene rückführbar sein, die prima vista nicht-materiellen Charakters sind, wie etwa das Bewusstsein sowie insbesondere Normen und Werte (Values). Eine gegenwärtige, immer stärker werdende Tendenz bestreitet jedoch unter dem Titel ‚Expansive Naturalism‘ die Möglichkeit eines derartigen reduktionistischen Naturalismus, ohne deswegen jedoch die Idee des Naturalismus überhaupt aufgeben zu wollen, das heißt die These, dass sich alle Erscheinungsweisen der Wirklichkeit ihrer Diversität unbeschadet als Ausprägungen einer einheitlichen Grundform, eben der ‚Natur‘, verstehen lassen. Vermieden werden soll so einerseits ein Verfehlen von grundlegenden Phänomenen der Welt einerseits, der als unbefriedigend empfundene Rückgriff auf Dualismen oder Brüche innerhalb eines einheitlichen Weltbildes andererseits. Um dies durchzuführen, ist es nötig, einen Begriff der Natur zu entwickeln, der hinreichend leistungsfähig ist, um sowohl die auf materiellen Naturvorstellungen basierenden naturwissenschaftlichen Erkenntnisse sowie die naturwissenschaftliche Methodik aufnehmen zu können, als auch nicht mehr rein durch materielle Prinzipien erklärbare Phänomene wie Bewusstsein und Normativität zu integrieren. Während meines Forschungsaufenthalts werde ich herausarbeiten, dass der paradigmatische Naturbegriff Spinozas, wie er insbesondere in seiner Ethica more geometrico demonstrata ausgearbeitet worden ist, für das Projekt eines ‚Expansive Naturalism‘ als einschlägige Orientierungsfigur fungieren kann. Bei Spinoza werden die Begriffe ‚Natur‘ und ‚Gott‘ synonym verwendet, womit die Natur die klassische Systemstelle der alles begründenden Ursache belegt. Zugleich verfolgt Spinoza mit seinem Ansatz kein reduktionistisches Modell, in dem Phänomene wie das Bewusstseins oder die Vorstellung von Normativität schlicht auf materielle Verhältnisse zurückzuführen wären. Vielmehr ist Spinozas Naturbegriff durchaus integrativ und dabei nicht-reduktiv: Materielle und bewusste Wirklichkeit bilden zwei irreduzible Bereich der Wirklichkeit (‚Attribute‘), die gleichzeitig zwei Seiten ein und derselben Wirklichkeit oder Natur sind. Mittels dieses Entwurfs einer Identität innerhalb des Unterschieds ist es Spinoza möglich, materielle und bewusste Phänomene jeweils nach ihren Eigengesetzmäßigkeiten zu beschreiben, ohne deswegen auf die epistemisch und metaphysisch unbefriedigende Variante eines cartesianischen Dualismus oder des modernen naturalistischen Reduktionismus verfallen zu müssen.
DFG-Verfahren Forschungsstipendien
Internationaler Bezug Großbritannien
Gastgeberin Dr. Fiona Ellis
 
 

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