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Coins from a Greek colony: Money, Exchange and Identity in Olbia Pontike from the Archaic to the Early Hellenistic period

Subject Area Classical, Roman, Christian and Islamic Archaeology
Term from 2018 to 2022
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 395811823
 
Final Report Year 2021

Final Report Abstract

In diesem Projekt untersuchte ein interdisziplinäres Forscherteam die Entwicklung, Herstellung und Verwendung von Geld und Münzen in Olbia Pontike in der heutigen Ukraine. Dabei beschritt das deutschukrainische Kooperationsprojekt neue, innovative Wege für ein besseres Verständnis zu Geld, Austausch und Identität einer antiken griechischen Kolonie im nördlichen Schwarzmeerraum. Das zugrundeliegende Forschungskonzept umfasste drei Hauptsäulen der wissenschaftlichen Herangehensweise: In einem ersten Schritt wurden detaillierte metrologische und ikonographische Untersuchungen an relevanten Münzserien durchgeführt und die Geldobjekte in ihrem jeweiligen archäologischen Fundkontext analysiert. Insgesamt konnten 2.081 Münzen aus gesicherten Grabungsbefunden nach modernen Standards katalogartig erfasst und damit eine im Sinne der Fragestellung statistisch aussagekräftige Ausgangsbasis geschaffen werden. Die konkrete Vernetzung der numismatischen und archäologischen Disziplinen führte zu neuen Ergebnissen zur Genese, Chronologie und ikonographischen Entwicklung des olbischen Münzwesens. So konnten etwa grundlegende Fragen zur Herkunft und Entstehung der frühen figurativen Zahlungsmittel in Form des sog. Pfeilspitzen- und Delphingelds geklärt werden. Auch zeigten sich eine Vielzahl an neuen Erkenntnissen im Zusammenhang mit der ungewöhnlichen Herstellung (Gussverfahren) sowie Verwendung von Bronzemünzen im 5./4. Jhs. v. Chr. und damit in einem Zeitraum, in dem in den griechischen Mittelmeerzentren geprägte Silbermünzen weithin den Geldumlauf bestimmten. Eine konsequent durchgeführte Fundverteilungsanalyse eröffnete zudem in zahlreichen Fällen neue Betrachtungsmöglichkeiten, wodurch unter anderem die weit verbreitete Ansicht, dass Münzen zumeist nur als reine Zahlungsmittel oder chronologische „Marker“ zu verstehen seien, mehrfach sehr überzeugend widerlegt werden konnte. Eine weitere Hauptsäule des Projektkonzeptes war die Einbindung einer ersten Serie an Analysen von Bleiisotopen sowie von Haupt- und Spurenelementen. So wurde im Rahmen dieser Pilotstudie an 150 Münzproben, bei denen es sich um Bohrspäne handelte, eine semiquantitative Elementanalyse mittels portabler energiedispersiver Röntgenfluoreszenzspektrometrie durchgeführt, um einen ersten Eindruck von der chemischen Zusammensetzung der ausgewählten Münzen zu erhalten. Anschließend durchgeführte wellenlängendispersive Mikrosondenanalysen (EPMA) an 75 ausgewählten Proben dienten dann der analytischen Konkretisierung dieses ersten Screenings, während die erneut an allen 150 Proben durchgeführte Bleiisotopenanalyse schließlich als dritte Untersuchungsmethode zur Anwendung kam. Diese archäometrischen Forschungen haben eine Vielzahl an bemerkenswerten Ergebnissen erbracht. So zeigte sich etwa, dass ein Großteil der olbischen Münzobjekte des 6./5. Jhs. v. Chr. trotz ihrer chronologisch breiten Streuung und ihrer typologisch großen Unterschiede dennoch bemerkenswert ähnlich in ihrer Metallprovenienz waren, ein Faktum, das sowohl für die figurativen Geldobjekte als auch die Münzen auf eine längerfristige Nutzung gleicher Bezugsquellen hindeutet. Als letzte Hauptsäule des Forschungskonzeptes wurde ein Vergleich des olbischen Geldwesens mit denen exemplarisch ausgewählter griechischer Kolonien in der Magna Graecia durchgeführt. Durch diesen Vergleich mit anderen Kolonisations- und Siedlungsgebieten sollte explizit der Frage nachgegangen werden, ob die für Olbia aufgezeigten Phänomene ausschließlich regional begrenzte Gültigkeit besitzen, oder ob sich vergleichbare Charakteristika auch in anderen griechischen Kolonisationsgebieten aufzeigen lassen. Wie die archäometallurgischen Analysen hatte auch dieser überregionale Vergleich den Charakter eine Pilotstudie, um das außerordentliche Potential dieser innovativen Herangehensweise aufzuzeigen. So weist etwa das Beispiel des antiken Akragas auf Sizilien tatsächlich analoge Phänomene auf, da auch hier frühe Geldobjekte durch ihre ungewöhnliche Form, ihr Material sowie ihre Fundverteilung besonders hervorzuheben sind. Der Gedanke an grundsätzlich vergleichbare Entwicklungsprozesse in der frühen Geldgeschichte griechischer Kolonien an kultureller Schnittstelle erscheint vor diesem Hintergrund nicht abwegig und weist den Weg für zukünftige Forschungen.

Publications

  • Ansichten einer (Vor-)Stadt. Die griechische Schwarzmeerkolonie Olbia im Spiegel deutsch-ukrainischer Forschungen. In: J. Fornasier/A. V. Bujskich (Hrsg.), An den Ufern des Bug. Deutsch-ukrainische Ausgrabungen in Olbia Pontike im Kontext internationaler Forschungen zu antiken Migrationsprozessen (Frankfurter Archäologische Schriften 42) (Bonn 2021) 203–228
    J. Fornasier/A. V. Bujskich
  • Die Münzen der deutsch-ukrainischen Grabungen 2015–2019. Ein Überblick. In: J. Fornasier/A. V. Bujskich (Hrsg.), An den Ufern des Bug. Deutsch-ukrainische Ausgrabungen in Olbia Pontike im Kontext internationaler Forschungen zu antiken Migrationsprozessen (Frankfurter Archäologische Schriften 42) (Bonn 2021) 313–329
    A. Reuter
  • Element and Isotope Analysis of Olbian Coinage and Coin Equivalents. In: J. Fornasier/A. V. Bujskich (Hrsg.), An den Ufern des Bug. Deutsch-ukrainische Ausgrabungen in Olbia Pontike im Kontext internationaler Forschungen zu antiken Migrationsprozessen (Frankfurter Archäologische Schriften 42) (Bonn 2021) 301–312
    S. Klein
  • Money as Mediator. Systems of Value in Colonial Contexts. In: J. Fornasier/A. V. Bujskich (Hrsg.), An den Ufern des Bug. Deutsch-ukrainische Ausgrabungen in Olbia Pontike im Kontext internationaler Forschungen zu antiken Migrationsprozessen (Frankfurter Archäologische Schriften 42) (Bonn 2021) 291–299
    F. Kemmers
 
 

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