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Legitimierung intersektoraler Partnerschaften: Akteursstrategien in der institutionellen Komplexität von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft

Fachliche Zuordnung Soziologische Theorie
Accounting und Finance
Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 394824300
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Intersektorale Partnerschaften sind Zusammenschlüsse von Organisationen, die aus mindestens zwei verschiedenen gesellschaftlichen Sektoren (Staat, Wirtschaft, Zivilgesellschaft) stammen. Diese unterschiedliche Herkunft ist zugleich Lösung und Ursache von Problemen: Sie verspricht einerseits innovative Lösungen für komplexe ökologische, ökonomische und soziale Problemlagen, weil Organisationen aus verschiedenen gesellschaftlichen Sektoren unterschiedliche Ressourcen, Wissensbestände und Fähigkeiten in eine Partnerschaft einbringen. Andererseits bedeuten die unterschiedlichen Hintergründe der Partner aber auch, dass vermehrt Verständigungsschwierigkeiten und Koordinationsprobleme auftreten, weil Organisationen im staatlichen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Sektor einer jeweils eigenen institutionellen Logik folgen. Das Forschungsvorhaben hat das Auftreten und die Auflösung solcher Spannungen mit ihren Konsequenzen für die Legitimierung intersektoraler Partnerschaften untersucht. Dabei hat es vor allem individuelle Akteure, in deren täglicher Arbeit Institutionenkonflikte auflaufen, in den Blick genommen. Untersucht wurden drei Partnerschaften, die von Organisationen aus allen drei gesellschaftlichen Sektoren gebildet werden und gesellschaftlich relevante Probleme adressieren: humanitäre Hilfe durch unbemannte Luftfahrzeuge, nachhaltige Lieferketten in der Textilindustrie durch Selbstverpflichtung auf einheitliche Standards und Integration von Menschen mit Migrationshintergrund durch Qualifizierung für den regionalen Arbeitsmarkt. Die Ergebnisse zeigen zunächst auf, wie sich die Verschiedenheit der drei institutionellen Logiken in der Arbeit der Akteure manifestiert und einer effektiven Zusammenarbeit im Weg stehen kann. Wichtige Fortschritte hat das Forschungsprojekt vor allem dadurch erzielt, dass es die Handlungsstrategien und -praktiken herausgearbeitet hat, mit denen die Akteure solchen institutionellen Spannungen begegnen und damit Legitimitätsgewinnen einen fruchtbaren Boden bereiten. Drei übergreifende Familien solcher „Partnerschafts-Praktiken“ konnten identifiziert werden: Erstens wenden die Akteure eine Reihe von Praktiken an, die das wechselseitige Verständnis und die Wertschätzung der verschiedenen Logiken fördern. Zweitens werden institutionelle Differenzen durch zentrale Vermittler:innen überbrückt, die in unterschiedlichen Logiken orientierungsfähig sind und zwischen ihnen übersetzen können. Drittens werden auch weniger kooperativ angelegte Praktiken ergriffen, mit denen Akteure Eigeninteressen durchsetzen und ihre institutionelle Logik gegenüber anderen priorisieren. Diese Partnerschafts-Praktiken bilden auch ein zeitliches Muster, indem sie in zyklischer Abfolge dominant werden. Intersektorale Partnerschaften finden ihr Gleichgewicht somit, indem die Akteure institutionelle Nähe und Distanz immer wieder neu austarieren. Gelingt ihnen das, sind auch förderliche Bedingungen für Legitimierungsprozesse innerhalb der Partnerschaft gegeben. Für intersektorale Partnerschaften ist nicht nur die Zuschreibung von Akzeptanz durch externe Akteure wichtig, sondern gerade auch die wechselseitige Akzeptanz der Partner untereinander. Die Ergebnisse deuten an, dass externe Legitimität zwar auf interne Legitimierungsprozesse abfärben und sie erleichtern kann, interne Legitimität aber in beträchtlichem Ausmaß auch das Ergebnis einer bewussten Legitimierungsarbeit ist. Auch daran zeigt sich die Bedeutung einer akteursbezogenen Mikroperspektive auf intersektorale Partnerschaften, die mit dem Forschungsprojekt erfolgreich gestärkt werden konnte.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2020). Kooperieren für die Nachhaltigkeit: Handbuch zu Strategien und Erfolgsfaktoren am Beispiel der Textilindustrie. Hamburg: Otto Group
    Weber, C., Rövekamp, G., Grewe-Salfeld, M. & Kruse, D.
  • (2021). Cross-sector partnerships: Mapping the field and advancing an institutional approach. International Journal of Management Reviews
    Vogel, R., Göbel, M., Grewe-Salfeld, M., Herbert, B., Matsuo, Y. & Weber, C.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/ijmr.12283)
  • (2021). Technology transfer through intersectoral partnerships: The case of digitalization in the German health sector. In Mietzner, D. & Schultz, C. (Hrsg.), New Perspectives in Technology Transfer. Theories, Concepts, and Practices in an Age of Complexity (S. 129-146). Berlin und Heidelberg: Springer
    Göbel, M., Gräfen, H.-D. & Schultz, H.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-030-61477-5_8)
 
 

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