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Intrusives Wiedererleben bei der Sozialen Angststörung: Spielt der Kontext eine Rolle?
Antragstellerinnen / Antragsteller
Privatdozentin Dr. Andrea Margarete Hermann; Professor Dr. Rudolf Maria Stark
Fachliche Zuordnung
Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung
Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 391419683
Ein zentrales Merkmal der sozialen Angststörung (SAD) ist eine ausgeprägte Furcht vor negativer Bewertung. Dabei stellen negative verzerrte Vorstellungsbilder über sich selbst in sozialen Situationen einen wichtigen aufrechterhaltenden Faktor der Störung dar. Inhalt und Bedeutung der Vorstellungsbilder scheinen mit aversiven sozialen Erlebnissen (z.B. Hänseleien) in Zusammenhang zu stehen, die häufig zum Zeitpunkt der Entstehung oder einer deutlichen Verschlimmerung der sozialen Ängste stattgefunden haben. Die verzerrten Vorstellungsbilder sind dem intrusiven Wiedererleben nach traumatischen Erlebnissen bei der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) sehr ähnlich. Tatsächlich zeigen neuere Studien, dass Patienten mit SAD tatsächlich durch intrusives Wiedererleben in Reaktion auf aversive soziale Ereignisse gekennzeichnet sind. Als Mechanismus für die Entstehung und Aufrechterhaltung von intrusivem Wiedererleben wird vor allem eine dysfunktionale Extinktion konditionierter Furcht angenommen. Man geht davon aus, dass PTSD-Patienten kontextuelle Informationen nicht nutzen können, um die konditionierte Furcht adäquat zu regulieren, was mit einer unzureichenden Integration des Traumas in den räumlich-zeitlichen Kontext und in das autobiographische Gedächtnis zusammenhängen könnte. Der Hippocampus mit seinen direkten und indirekten Projektionen zur Amygdala spielt eine zentrale Rolle für die kontextabhängige Modulation konditionierter Furcht. Einige Studien zeigen, dass bei der SAD ähnlich wie bei der PTSD veränderte Extinktionsprozesse sowie hippocampale Auffälligkeiten vorliegen. Jedoch ist noch unbekannt, ob auch für SAD Schwierigkeiten in der Kontextdifferenzierung und der kontextuellen Modulation der Extinktion von Relevanz sind. In dieser funktionellen und strukturellen Magnetresonanztomographie-Studie sollen bei 55 Patienten mit SAD und 55 gesunden Kontrollpersonen die neuronalen Korrelate kontextabhängiger Extinktionsprozesse untersucht werden. Es wird erwartet, dass Patienten mit SAD verstärktes intrusives Wiedererleben in Reaktion auf störungsrelevante Ereignisse aufweisen. Weiterhin wird erwartet, dass SAD-Patienten durch basale Defizite in der Kontextdifferenzierung sowie einer verringerten kontextuellen Modulation elektrodermaler konditionierter Reaktionen während der Extinktion gekennzeichnet sind. Diese kontextuellen Verarbeitungsauffälligkeiten - so wird angenommen - sind weiterhin mit der Ausprägung intrusiven Wiedererlebens assoziiert. Dies sollte sich auf neuronaler Ebene in einer verminderten Aktivierung des Hippocampus sowie dessen veränderter Konnektivität mit weiteren Strukturen des Furcht- und Extinktionsnetzwerks wiederspiegeln. Die Resultate dieser Studie können wesentlich dazu beitragen, die Relevanz einer defizitären Hippocampus-abhängigen Kontextdifferenzierung und kontextuellen Modulation konditionierter Furcht für die SAD zu überprüfen und langfristig therapeutische Interventionen zu optimieren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen