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Gesellschaftlicher Fortschritt und Human Enhancement

Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 390298372
 
Sozialer Fortschritt und Human EnhancementDie Möglichkeit, gesunde Menschen mithilfe neuer Biotechnologien in körperlicher, geistiger oder emotionaler Hinsicht zu 'verbessern', hat in den letzten 20 Jahren eine faszinierende und ergiebige Debatte hervorgerufen. Angesichts der großen Menge an Fördermitteln, die für die ethische Diskussion von 'Human Enhancement Technologien' (HET) zur Verfügung gestellt wird, ist ein weiteres Forschungsvorhaben zu diesem Thema besonders rechtfertigungsbedürftig. Vorliegendes Projekt möchte ausdrücklich nicht einen weiteren direkten Beitrag zur ethischen Diskussion von HET leisten, sondern stattdessen einen innovativen meta-philosophischen, bzw. 'second-order'-Zugang zum Thema wählen. Dabei wird die These vertreten, dass die starke Anziehungskraft und Faszination bestimmter Enhancements diagnostisch als Hinweis auf bestehende soziale Herausforderungen und Missstände gelesen werden kann und sollte. Das Verlangen nach besseren kognitiven Fähigkeiten ('smart pills') etwa enthält einen kritischen Hinweis auf eine übermäßig kompetitive Leistungsgesellschaft, in der ein geglücktes Leben sich stark an herausragenden Leistungen bemisst. Ein weithin geteiltes Streben nach besserer Stimmung ('happy pills') kann auf Entfremdungserfahrungen hinweisen, denen mithilfe von HET begegnet werden soll. Ein solches Verständnis der Attraktivität von HET erlaubt es, eine oftmals im Hintergrund der Enhancement-Debatte stehende Dimension in den Blick zu nehmen: Es werden bestehende gesellschaftliche Defizite aufgezeigt, denen möglicherweise mit Handlungsoptionen begegnet werden sollte, die keine biotechnologischen Enhancements umfassen. Zur Diskussion dieser These soll - im Anschluss an Philip Kitchers neueste Arbeiten - der Begriff des gesellschaftlichen Fortschritts herangezogen werden, verstanden als das Etablieren lokaler und inkrementeller Lösungen für bestehende gesellschaftliche Herausforderungen.Konkret soll somit im Projekt kritisch geprüft werden, wie der oftmals individuenzentrierte Fokus der Debatte erweitert werden kann; wie die Debatte über HET aktuelle gesellschaftliche Dynamiken und Entwicklungen spiegelt; und wie aus der vorzunehmenden 'second-order'-Analyse möglicherweise doch auch 'first order'-Urteile und normative Bewertungen einzelner Handlungsoptionen folgen können. Insbesondere wird gefragt, ob eine angemessene Reaktion auf die in der Enhancement-Debatte aufscheinenden Bedürfnisse tatsächlich primär biotechnologischer Eingriffe umfassen sollte oder ob sich 'klassische' Interventionen - etwa gesellschaftliche und politische Reform und Bildung - als fortschrittlichste Antwort auf die Enhancement-Herausforderung erweisen können. Damit wird die Enhancement-Debatte als Auslöser einer kritischen Diskussion über die gegenwärtige Gesellschaft rekonzeptualisiert und als Heuristik für die Identifikation fortschrittlicher, wenn auch möglicherweise klassischer, Lösungsansätze aktiviert.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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