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Schau mal, wer da spricht: Interaktionen zwischen Gesichter- und Sprachverarbeitung beim perceptual narrowing bei monolingualen und bilingualen deutschen und französischen Säuglingen
Antragstellerin
Professorin Dr. Gudrun Schwarzer
Fachliche Zuordnung
Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 389636291
Ab der Geburt sind Säuglinge mit sprechenden Gesichtern konfrontiert und schon im Laufe des ersten Lebensjahres spezialisiert sich ihr Wahrnehmungssystem auf die Muttersprache und auf die Gesichter der elterlichen ethnischen Gruppe. Die auditorische und die visuelle Gesichtsinformation nutzen Säuglinge, wenn sie ihre Muttersprache erlernen. Obwohl man von Parallelen in der Sprach- und Gesichterverarbeitung ausgeht, fehlt bislang systematische Forschung zu diesem Zusammenspiel. Deshalb ist es das Ziel des vorliegenden Projektantrags, die Entwicklung dieser angenommenen Interaktion zwischen Sprach- und Gesichterverarbeitung bei Säuglingen zu analysieren. Konkret soll untersucht werden, ob und wie eine solche Interaktion durch das sogenannte perceptual narrowing modifiziert wird und inwieweit diese Interaktion bei bilingual aufwachsenden Kindern verändert ist. Zu diesem Zweck sollen im vorliegenden Projekt monolingual und bilingual aufwachsende Kinder in Deutschland und Frankreich untersucht werden, die der kaukasischen Gesichtsethnie angehören. Dadurch wird es möglich, bei konstant gehaltener Gesichtsethnie der Kinder, systematisch den Einfluss einer anderen Gesichtsethnie auf die Verarbeitung verschiedener Sprachen zu testen. In einem ersten Set von Experimenten soll untersucht werden, ob sich die Integration von auditorischer und visueller Sprachinformation unterscheidet, wenn die Gesichter der Sprecher einer unvertrauten Gesichtsethnie angehören und wenn die Kinder bilingual aufwachsen. In einem zweiten Set von Experimenten soll die Rolle von Sprache bei der Entstehung des implicit race bias bei Säuglingen ermittelt werden. Es soll herausgefunden werden, ob Säuglinge ihre Muttersprache eher mit der eigenen Gesichtsethnie assoziieren als mit einer unvertrauten Ethnie und ob diese vermutete Assoziation das Vertrauen der Säuglinge in Personen beeinflusst. Zudem soll festgestellt werden, ob und wie Sprache den implicit race bias bei mono- und bilingual aufwachsenden Säuglingen modifiziert. Unsere deutsch-französische Kooperation erlaubt es uns, diese Schlüsselfragen der frühkindlichen Wahrnehmung bezüglich zwei typologisch verschiedenen Sprachen anhand einer Gesichtsethnie zu untersuchen, wobei auf eine umfangreiche Population bilingual aufwachsener Kinder zugegriffen werden kann. Der erwartete theoretische Fortschritt dieses Projekt besteht darin, dass die bisher unerforschte Interaktion zwischen Sprach- und Gesichterverarbeitung aufgedeckt und ihre Modifikation durch perceptual narrowing und Bilingualismus verstanden werden kann. Das Projekt besitzt auch klinische Implikationen, indem es Entwicklungsstandards erarbeitet, anhand derer Kinder mit Entwicklungsrisiken (Sprachentwicklungsstörung, Autismus, angeborene Prosopagnosie und Phonagnosie) verglichen werden können. Zudem hat das Projekt auch gesellschaftliche Relevanz, da es relevante Faktoren bei der Entwicklung des implicit race bias ermittelt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Frankreich
Mitverantwortlich
Professor Dr. Olivier Pascalis