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Polarisationseffekte in modifizierten Versionen des QED-Vakuums
Antragsteller
Professor Dr. Carsten Müller
Fachliche Zuordnung
Optik, Quantenoptik und Physik der Atome, Moleküle und Plasmen
Förderung
Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 388720772
Die Erforschung des Quantenvakuums ist von zentraler Bedeutung, um ein klares und tiefgehendes Verständnis der fundamentalen Naturgesetze zu erlangen. Während das Vakuum in der klassischen Physik lediglich leeren Raum darstellt, enthüllt die Quantenelektrodynamik darin die Existenz fluktuierender geladener Quantenfelder. Dies erlaubt es, das Quantenvakuum als ein Plasma aus "virtuellen" Elektron-Positron-Paaren zu verstehen, welches sich wie ein schwach nichtlineares Dielektrikum verhält. Ein äußeres Feld kann das Vakuum daher polarisieren, wodurch seine dielektrischen Eigenschaften verändert sowie eine Reihe dispersiver und absorptiver Effekte hervorgerufen werden. Manche davon, wie die berühmte Lamb-Shift atomarer Niveaus, sind etabliert und können im Experiment sehr genau gemessen werden. Andere, wie die Vakuum-Doppelbrechung und der spontane Zerfall des Vakuums in reale Elektron-Positron-Paare, konnten bislang nicht beobachtet werden - trotz großer Anstrengungen zu ihrer experimentellen Detektion. Dies ist bedingt durch technische Limitierungen zur Erreichung von Feldstärken nahe der kritischen Skala, die durch die Elektronenmasse bestimmt wird.In diesem Theorie-Projekt sollen Vakuum-Szenarien untersucht werden, die dem Elektron-Positron-Quantenvakuum phänomenologisch ähneln, aber durch vielfach kleinere Energie- und Feldstärkenskalen charakterisiert sind. Quantenvakua dieser Art gibt es in verschiedenen Bereichen der Physik. Dies beginnt bei speziellen Festkörpern (Graphen), in denen sich die Valenzelektronen wie Teilchen geringer Masse verhalten, und reicht bis zu modernen Theorien der Teilchenphysik, die die Existenz sehr leichter, schwach wechselwirkender Teilchen vorhersagen (z.B. Axionen und Miniladungen). Drei Klassen von Szenarien sollen untersucht werden: (a) Quantenvakua von niederdimensionalen Systemen; (b) Quantenvakua aus Fluktuationen hypothetischer, leichter Teilchen; (c) Quantenvakua in Gegenwart äußerer Felder. Die Polarisationseffekte ereignen sich auf Energieskalen, die mit Hochpräzisionstechniken wie Atomspektroskopie, Polarimetrie oder Spannungsmessung erforschbar sind.Wir verfolgen zwei Ziele. (1) Etablierte Vakuumeffekte (z.B. Lamb-Shifts und Photon-Splitting) sollen als Testwerkzeuge für neue Teilchen dienen, indem aus den Messgenauigkeiten zugehöriger Experimente und Cavendish-artiger Aufbauten scharfe Grenzen für die möglichen Parameter von Axionen und Miniladungen gefolgert werden. (2) Für bislang unbeobachtete Effekte (wie Vakuumzerfall oder Doppelbrechung) sollen Analogien in Referenzsystemen untersucht und neue Wege zur Verstärkung dieser Effekte gefunden werden. Die Rechnungen basieren auf einer Vielzahl von Methoden, die Dimensionskompaktifizierung, Renormierung, quantenkinetische Gleichungen und Störungstheorie umfassen. Unsere Studien werden Verbindungen zwischen verschiedenen Klassen des Quantenvakuums aufzeigen und unser Verständnis bisher unbeobachteter Vakuumpolarisationseffekte signifikant erweitern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen