Verwaltungsorganisationsrecht der Europäischen Union - eine rechtsvergleichende Untersuchung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die wachsende Ausdifferenzierung der Verwaltung der Europäischen Union gehört zu den sichtbarsten institutionellen Entwicklungen im Prozess der europäischen Integration. Die fortschreitende ‚Agenturisierung‘ fällt als erstes in Auge, aber es gibt andere Erscheinungsformen wie der Strukturwandel der Kommission, das Entstehen eines Verwaltungsunterbaus für den Rat, die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf die EZB oder die Errichtung neuer administrativer ‚Satelliten‘ jenseits dieser Phänomene. Die Bestandsaufnahme dieser Entwicklung ist weit vorangeschritten, ebenso die rechtliche Analyse von einzelnen Aspekten wie Rechtsschutz, Haftung und Verwaltungslegitimation. Es fehlt jedoch an einer Konzeptionalisierung. Die aus dem Projekt hervorgegangene Studie zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen und ein Verwaltungsorganisationsrecht für die Europäische Union zu konzeptualisieren, gestützt auf eine vergleichende Betrachtung des Verwaltungsorganisationsrecht der USA. In vielen Verwaltungsrechtsordnungen der Mitgliedstaaten lässt sich ein Verwaltungsorganisationsrecht erkennen, das als konzeptioneller Fundus für das Europäische Verwaltungsrecht genutzt worden ist. Allerdings stellt das einschlägige Europarecht keine einfache Synthese dieser Rechtsordnungen dar. Neue Erkenntnisse lassen sich aus dem Vergleich mit der rechtlichen Organisationsstruktur der US-amerikanischen Verwaltung gewinnen, denn sie ist nicht nur in der Größe vergleichbar, sondern weist auch auf den ersten Blick Strukturparallelen auf. Das Projekt hat dabei keine schematische Übertragung von Rechtsinstituten und Verwaltungsmodellen von einer Rechtsordnung in die andere vollzogen, sondern den Versuch unternommen, den Fortschritt des Europarechts aus dem Spiegelbild des amerikanischen Verwaltungsorganisationsrechts zu entwickeln, und zwar in drei Schritten: Erstens etabliert das Projekt eine konzeptionelle, d.h. vor allem terminologische Basis. Was ist ein Organ, eine Abteilung oder eine Agentur europarechtlich? Woraus leitet sich die Organisationsgewalt ab? Die Verträge regeln diese Fragen nicht vollständig und öffnen so den Raum für dogmatische und vergleichende Überlegungen. Es ist hilfreich zu sehen, wie die USA mit einem hohen Maß an Verwaltungspluralität in ihrem eigenen Kontext umgehen. Zweitens: Wie kann europäische Verwaltung legitimiert werden? Welche Aufsichts- und Kontrollmechanismen werden benötigt, um ein Legitimationsniveau zu erreichen, das am Maßstab des Vertragsrechts sowie an allgemeinen Legitimationsmaßstäben nicht zu Recht hinterfragt werden kann? Erneut lohnt sich der vergleichende Blick auf die USA, die in einem pluralistischen System Verwaltungslegitimation zu schaffen in der Lage sind. Drittens ist die Wirkung des Föderalismus auf das Verwaltungsorganisationsrecht einzubeziehen. Hier ist der Gegensatz zur spezifischen Form des (Verwaltungs-)Föderalismus in den USA höchst gewinnbringend.