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Erhöhte Schmerzsensitivität bei chronisch niedrigem Blutdruck - psychische und physische Ursachen

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 37251643
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Chronisch niedriger Blutdruck (Hypotonie) geht mit Beschwerden wie Müdigkeit depressiver Gestimmtheit, Schwindel, Antriebsschwäche und kognitiven Leistungsschwächen einher. Im vorliegenden Projekt sollte untersucht werden, ob bei Personen mit Hypotonie eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit voriiegt und inwieweit hierfür eine Fehlfunktion des Barorezeptor-Systems ausschlaggebend ist. Über dieses Regulationssystem übt das Gehirn einerseits Einfluss auf den Blutdruck aus, andererseits führt die Aktivierung der arteriellen Blutdrucksensoren (Barorezeptoren) zu einer generalisierten Hemmung der Hirnaktivität, die u.a. eine Dämpfung der Schmerzwahrnehmung umfasst. Diese hemmenden Mechanismen sind bei der Hypotonie möglicherweise nur eingeschränkt wirksam. In dem Projekt wurden zunächst 40 Personen mit Hypotonie (systolischer Wert < 100 mmHg bei Frauen und < 110 mmHg bei Männern) mit Personen mit normalem Blutdruck in ihrer Empfindlichkeit gegenüber Hitzeschmerz verglichen. Dabei wurde sorgfältig kontrolliert, inwieweit mögliche Gruppenunterschiede auf das bei Hypotonie beeinträchtigte allgemeine Wohlbefinden oder Unterschiede in der Temperatunwahrnehmung zurückgehen könnten. Zur Schmerz-Quantifizierung wurde eine Kontakt-Thermode am Unterarm angebracht, deren Temperatur kontinuieriich anstieg. Im Sinne unserer Hypothese zeigte sich, dass Personen mit Hypotonie bereits niedrigere Temperaturen als schmerzhaft erlebten und vergleichsweise niedrige Temperaturen nicht mehr bereit waren zu tolerieren. Zusätzlich wurden konstante Hitzereize zwischen 45,5° C und 47,5° C appliziert, die die Personen mit Hypotonie als schmerzhafter beurteilten. Ähnliche Ergebnisse fanden sich in einer Studie zu Kälteschmerzen. Hier nahmen Personen mit niedrigem Blutdruck die Stimulation mit Eiswasser erheblich schmerzhafter wahr als solche mit höheren Werten. In einer weiteren Untersuchung wurden Auswirkungen pharmakologischer Blutdruckerhöhung auf die Wahrnehmung von Hitzeschmerz überprüft. Dafür erhielten 26 Personen mit Hypotonie ein blutdruck-steigerndes Medikament; 26 Personen erhielten ein wirkungsloses Plazebo. Das Medikament führte erwartungsgemäß zu einer Abnahme der Schmerzempfindlichkeit, deren Stärke vom Ausmaß der Blutdrucksteigerung abhing. Zur Bedeutung des Barorezeptor-Systems für die bei Hypotonie erhöhte Schmerzsensitivität lieferte das Projekt weniger eindeutige Befunde. Die bei niedrigem Blutdruck vermutete defizitäre Schmerzhemmung zeigte sich deutlich für den Kälteschmerz, wohingegen zum Hitzeschmerz kein aussagekräftiges Ergebnis erzielt wurde. Jedoch ließ sich nachweisen, dass auch die Abnahme des Hitzeschmerzes bei pharmakologischer Blutdrucksteigerung zumindest teilweise über das Barorezeptor-System vermittelt wird. Als Nebenergebnis konnte in dem Projekt belegt werden, dass eine Überaktivität des Barorezeptor-Systems an der Entstehung der Hypotonie beteiligt ist. Dies macht deutlich, dass das Gehirn nicht nur durch die Niedrigdruck-Situation in seinen Leistungen beeinträchtigt wird, sondern andererseits auch zu deren Verursachung beiträgt Daneben wurde eine Analyse der Herz-Kreislauf-Funktion bei Hypotonie durchgeführt. Sie ergab, dass dieser Zustand - im Gegensatz zum Bluthochdruck, dem v.a. Abweichungen im Gefäßsystem zugrunde liegen - auf einer geringeren Kontraktionskraft und Auswurfleistung des Herzens beruht. Zusammenfassend lieferte das Projekt den Hauptbefund einer bei chronisch niedrigem Blutdruck substanziell erhöhten Schmerzempfindlichkeit, an deren Verursachung das Baroreflex-System zumindest teilweise beteiligt ist und deren Ausmaß durch Blutdrucksteigerung reduziert werden kann. Die Resultate legen nicht zuletzt die Hypothese einer bei Hypotonie erhöhten Neigung zu klinischen Schmerzen z.B. in Form einer erhöhten Prävalenz von Kopf-, Rücken- oder Gelenkschmerzen nahe, die in Folgeuntersuchungen überprüft werden sollte. Die Projektergebnisse wurden in neun Beiträgen zu internationalen Fachzeitschriften publiziert (zwei weitere Beiträge eingereicht). Unsere Arbeiten zur Hypotonie fanden auch in den Publikumsmedien Beachtung. U.a. wurden sie im ARD-Magazin „Ratgeber Gesundheit" (29.6.2008) und der Reihe „Gesundheit!" des Bayerischen Fernsehens (1.7.2008) vorgestellt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2008). Increased baroreflex sensitivity and reduced cardiovascular reactivity in chronic low blood pressure. Hypertension Research, 31, 1873-1878
    Duschek, S., Dietel, A., Schandry, R. & Reyes del Paso, G.A.
  • (2009). Hemodynamic determinants of chronic hypotension and their modification through vasopressor application. Journal of Physiological Sciences, 59,105-112
    Duschek, S., Heiss, H., Buechner, B., Werner, N.S., Schandry, R. & Reyes del Paso, G.A.
  • (2009). Increased sensitivity to heat pain in chronic low blood pressure. European Journal of Pain, 13, 28-34
    Duschek, S., Dietel, A., Schandry, R. & Reyes del Paso, G.A.
  • (2009). Modulations of autonomic cardiovascular control following alpha-adrenergic treatment in chronic hypotension. Hypertension Research
    Duschek, S., Heiss, H., Werner, N. & Reyes del Paso, G.A.
  • (2009). Reduction in pain sensitivity due to pharmacological blood pressure elevation in chronically low blood pressure. Journal of Psychophysiology
    Duschek, S., Heiss, H., Buechner, B. & Schandry, R.
 
 

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