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Überlieferungsweisen - Betrachtungsweisen - Gebrauchsweisen: Bedeutungszuweisungen an Artefakte der Hellseherei in Europa vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert

Antragstellerinnen / Antragsteller Dr. Thomas Eser; Professorin Dr. Ulrike Ludwig
Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 343497955
 
Der Wunsch, in die Zukunft blicken zu können, ist eine Konstante im individuellen und kollektiven Leben des Menschen. Jahrtausende lang hat man sich der Deutung von scheinbar natürlichen oder aber künstlich geschaffenen Zeichen bedient, um der Unsicherheit über die Ereignisse, die uns erwarten, Herr zu werden. Doch auch wenn Formen der Hellseherei lange sehr selbstverständlich waren, so ist für Europa seit der Mitte des 17. Jahrhunderts der Prozess eines sukzessiven Bedeutungsrückgang und vor allem Legitimationsverlustes von Divination als anerkannter Form der Wissensproduktion auszumachen. Sinnfälliger Ausdruck dieser Distanznahme ist der Umstand, dass divinatorische Objekte ihrer Anwendung enthoben und als Gegenstände musealen Sammelns in vollkommen neue Sinnzusammenhänge eingebettet wurden. Diese Geschichte musealen Sammelns und (Um)Deutens divinatorischer Objekte steht im Mittelpunkt des Projekts. Bearbeitet wird das Thema in zwei chronologisch aufeinander aufbauenden Teilprojekten. Im frühneuzeitlichen Teilprojekt stehen höfischen Sammlungen in der Zeit vom 17. bis zum frühen 19. Jahrhundert im Mittelpunkt (Dresden, München, Wolfenbüttel). Charakteristisch für diesen Sammlungstyp ist, dass einschlägige Objekte bereits in der Blütezeit divinatorischer Praxis systematisch zusammengetragen wurden. Mit dem Bedeutungsverlust der Hellseherei wurden sie aber gerade nicht ausgesondert, vielmehr blieben sie Teil der repräsentativen Schauseite höfischer Kunstkammern. Die Sammlungen bieten damit im Unterschied zu den oft polemisierend zugespitzten Debatten der Aufklärer die Chance, die keineswegs linearen Wandlungsprozesse im Umgang mit der Hellseherei in der späteren Frühneuzeit in den Blick zu bekommen und die Abstufungen in der Bewertung ihrer einstigen Bedeutung schärfer zu fassen.Im chronologischen Anschluss an das frühneuzeitliche Teilprojekt untersucht das zweite Teilprojekt am Beispiel des Germanischen Nationalmuseums die Anfänge des Sammelns divinatorischer Schriftquellen und Sachquellen in musealen Institutionen, insbesondere des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Im Fokus stehen hier die Fragen, welche aversive oder affirmative kuratoriale Haltung in der Frühzeit des modernen Museumswesens den, zeitgenössisch mit dem Kampfbegriff Aberglaube abqualifizierten, Zeugnissen historischer Divination entgegengebracht wurde, wie sich dies im Sammlungsaufbau und in den Sammlungspräsentationen niederschlug und welche Reaktionen des Publikums auszumachen sind. In einem epochenübergreifenden Zugriff verspricht das Vorhaben damit Aufschluss über die Geschichte der Hellseherei und über den Beitrag, den fürstliche und bürgerliche Sammlungen zur Historisierung divinatorischer Praktiken zwischen Konservierung und Abwertung geleistet haben.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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