Detailseite
Projekt Druckansicht

Resonante Röntgendiffraktion unter optimierter destruktiver Interferenz zur hochsensitiven Bestimmung phasenaufgelöster lagespezifischer Atomverrückungen in kristallinen Materialien

Fachliche Zuordnung Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Mineralogie, Petrologie und Geochemie
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 324641898
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt verfolgte die methodische Entwicklung eines hochinnovativen neuen Ansatzes der Resonanten Röntgendiffraktion (RXD), mit dem sich selbst kleinste Abweichungen innerhalb der Kristallstruktur bestimmen lassen. Bei diesen Methoden werden die Beugungsphänomene des Röntgenlichts, im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren im Labor, unter Variation der Röntgenenergie genutzt um atomare Spezies innerhalb des Kristalls gezielt als Sonde anzusprechen und im selben Experiment zusätzlich auch Röntgenspektroskopie betreiben zu können. Die bisher zumeist getrennt betriebenen methodischen Ansätze werden dabei zusammengeführt und bilden neue Perspektiven um Feinheiten der Struktur zu analysieren. Die neue Methode Resonantly Suppressed Diffraction (RSD) stellt auf ausgewählten Beugungsreflexen des Kristalls eine hochempfindliche, destruktive Röntgeninterferenz mit Hilfe von resonant unterdrückten Streubeiträgen ein. Dies ermöglicht Strukturuntersuchungen in bisher nicht erreichter Genauigkeit, z.B. auch bei dynamischen Prozessen wie Polarisation oder Phasenumwandlung, und bietet einzigartige Perspektiven zur Untersuchung von strukturellen Defekten in kristallinen Festkörpern, die eine Vielzahl von technisch relevanten Eigenschaften bestimmen, was auch für die Halbleiterindustrie beziehungsweise für die Daten- und elektrochemische Energiespeicherung von großer Bedeutung ist. Im Fokus des Projekts stand die Weiterentwicklung des Ansatzes und dessen Anwendung zur Lösung struktureller Fragestellungen für verschiedene funktionale Materialien. Es konnte gezeigt werden, dass sich die Methode neben der Untersuchung von Volumenkristallen auch für dünne Schichten eignet. An epitaktisch gedehnten Strontiumtitanat-Schichten wurde mit RSD ein bisher für das System unbekannter struktureller Symmetrieabstieg identifiziert, der für die Ausbildung ferroelektrischer Eigenschaften verantwortlich ist. Um die Eignung der RSD-Methode für strukturell komplexere Systeme mit einer größeren Anzahl an freien Strukturparametern - zumeist aufgrund niedriger Symmetrie oder größerer Zahl von Atomen - zu demonstrieren, wurde das orthorhombische Yttrium-Mangan-Oxid ausgewählt. Dieses Oxid eine Tieftemperaturphase mit ferroelektrischen Eigenschaften, deren Ursprung noch unklar war, da bisherige strukturelle Untersuchungen widersprüchlich oder erfolglos blieben. Die RSD-Methode bot hier einen neuen Zugang um etwaige atomare Verrückungen als Ursache zu identifizieren oder auszuschließen. Ein wichtiger Beitrag zur Lösung des Problems konnte durch die Bestimmung der dynamischen atomaren Verrückungen bereits in der Projektlaufzeit erfolgen. Die Daten für eine Auswertung der statischen Verrückungen sind ebenfalls im Projekt gemessen worden, die Auswertung ist aktuell in Arbeit. An den bearbeiteten Beispielen konnte der neue RSD-Ansatz zur hochpräzisen Bestimmung struktureller atomarer Auslenkungsparameter zu einer robusten RXD-Methode weiterentwickelt und dessen Möglichkeiten und Grenzen ausgelotet werden. Die Auswerteroutinen für RSD-Messungen wurden stark erweitert, so dass diese nun auch anderen potentiellen Anwendern zur Verfügung gestellt werden können. Mit der ‘Nordseekammer’ zur Probenmanipulation unter Variation von Temperatur und elektrischen Feldern konnte eine dedizierte Probenumgebung optimiert und in Betrieb genommen werden, die nun auch anderen Nutzern an den Beamlines P23 und P24 am DESY zur Verfügung steht. Die in einem vorhergehenden Projekt konzipierte Nordseekammer wurde im Laufe des Projektes in Betrieb genommen. Es zeigte sich, dass das Design und die Anwendbarkeit für die RSD-Methode überaus zufriedenstellend ist, so dass diese für viele Experimente zum Einsatz kam. Laue-Preis für hervorragende Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlern im Bereich der Kristallographie: M. Zschornak 2020. - Erwin-Felix-Lewy-Bertaut-Preis in Anerkennung bemerkenswerter experimenteller, methodischer oder theoretischer Beiträge zur Untersuchung von Materie mit kristallographischen oder Neutronenstreuungs-Methoden: M. Zschornak 2018.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Applications of resonant hard x-ray diffraction for characterization of structural modifications in crystals, Dissertation, TU Bergakademie Freiberg (2017)
    C. Richter
  • Strontium titanate: From symmetry changes to functionality, Cryst. Res. Technol. 52, 1600222 (2017)
    H. Stöcker, J. Hanzig, M. Zschornak, E. Mehner, S. Jachalke, C. Richter, F. Hanzig, F. Meutzner, T. Leisegang, D. C. Meyer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/crat.201600222)
  • Analysis of the defect clusters in congruent lithium tantalate, Phys. Rev. Materials 2, 013804 (2018)
    A. Vyalikh, M. Zschornak, T. Köhler, M. Nentwich, T. Weigel, J. Hanzig, R. Zaripov, E. Vavilova, S. Gemming, E. Brendler, D. C. Meyer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevMaterials.2.013804)
  • Picometer polar atomic displacements in strontium titanate determined by resonant X-ray diffraction, Nat. Commun. 9, 178 (2018)
    C. Richter, M. Zschornak, D. Novikov, E. Mehner, M. Nentwich, J. Hanzig, S. Gorfman, D. C. Meyer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41467-017-02599-6)
  • Resonantly suppressed diffraction – Probing structural distortions with sub-picometer spatial resolution, REXS 2019 – 4th International Conference on Resonant Elastic X-ray Scattering, Brookhaven, NY, USA (2019)
    M. Zschornak, C. Richter, D. Novikov, M. Nentwich, T. Weigel, D. C. Meyer
  • Structure variations within RSi2 and R2TSi3 silicides. Part I Structure overview, Acta Cryst. B, 76, 177 (2020)
    M. Nentwich, M. Zschornak, M. Sonntag, R. Gumeniuk, S. Gemming, T. Leisegang, D. C. Meyer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1107/s2052520620001043)
  • Structure variations within RSi2 and R2TSi3 silicides. Part II Structure driving factors, Acta Cryst. B
    M. Nentwich, M. Zschornak, M. Sonntag, R. Gumeniuk, S. Gemming, T. Leisegang, D. C. Meyer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1107/s2052520620003893)
  • Struktur und Eigenschaften der Seltenerd-Übergangsmetall-Silizide, Dissertation, TU Bergakademie Freiberg (2020)
    M. Nentwich
  • X-ray diffraction using focused-ion-beam-prepared single crystals, J. Appl. Cryst. 53(3) (2020)
    T. Weigel, C. Funke, M. Zschornak, T. Behm, H. Stöcker, T. Leisegang and D. C. Meyer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1107/s1600576720003143)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung