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Mediation von Herrschaft an den Grenzen Lateineuropas im Spätmittelalter

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 324321286
 
Die spätmittelalterlichen Gesellschaften Europas waren durch mehrere mono- und polytheistische (Ostseeraum) Religionen sowie unterschiedliche politische und soziale Organisationsformen geprägt. Ziel des Projektes ist eine vergleichende Analyse von Aushandlungsprozessen neuer Herrschaften in Grenzbereichen des lateinisch-römisch dominierten Europa. Dieses 'Lateineuropa' wird als heterogenes Gebilde verstanden, an dessen Rändern sich unterschiedlich organisierte Gesellschaften überschneiden. Das Forschungsdesign orientiert sich am Konzept der histoire croisée (Werner/ Zimmermann 2002) um adäquate synchrone und diachrone Vergleichsmaßstäbe zu ermöglichen. Der Analysebegriff 'Herrschaft' wird nicht im Sinne Webers, sondern als kommunikative, diskursive Praxis innerhalb eines Feldes definiert. Dieses Feld, in dem konkrete Akteure agieren, wird durch übergreifende Makrostrukturen beeinflusst. Der Fokus liegt nicht auf der Figur des/der Herrschenden, sondern auf den zu 'beherrschenden' Personenkreisen und den Wechselwirkungen zwischen ihnen. Herrschaft innerhalb eines solchen Feldes erfolgt in kommunikativer Nähe und Ferne stets mittelbar. Diesem Feld wird sich mit der analytischen Begriffstrias Mediation - Mediatoren - Mediatisierung angenähert: Mediation von Herrschaft meint dabei konkrete Momente der Herrschaftsausübung innerhalb von Akteurstriaden. Hier stehen die Mediatoren - womit sowohl 'Mittler' als auch 'Mittelbarmacher' gemeint sein können - im Vordergrund. Anstatt des Modernisierungsparadigmas soll die 'Mediatisierung' von Herrschaft im Sinne wachsender Mittelbarkeit im Fokus stehen, um den Spezifika der Grenzbereiche Rechnung zu tragen. In jeder der vier Fallstudien werden Gebiete betrachtet, die im Untersuchungszeitraum an neue (Ober-)Herrschaften übergehen. Hierbei wird die These zugrunde gelegt, dass transitive Phasen besonders geeignet sind, um mediative Prozesse von Herrschaftsausübung zu analysieren, da es hier zu einer verstärkten Aushandlung zwischen alten und neuen Akteursgruppen kommt. In den Fallstudien wird jeweils ein Grenzbereich Lateineuropas untersucht. Fallstudie I betrachtet Norwegen in der ersten Phase der Kalmarer Union, Fallstudie II die Transformation herrschaftlicher Strukturen in Rotreußen nach dem Übergang an das polnische Königreich. Die 3. Fallstudie analysiert die Errichtung der Anjouherrschaft in Süditalien aus der Perspektive des italienischen und des einwandernden französischen Adels. In der vierten Fallstudie wird auf die Rekonfigurationen des städtischen und regionalen Gefüges im Königreich Valencia vor und nach der christlichen Eroberung geblickt. Durch den gewählten Ansatz wird nicht nur eine erhöhte Tiefenschärfe für Kommunikations- und Interaktionsprozesse spätmittelalterlicher Herrschaftsausübung angestrebt, sondern auch eine wissenschaftlich-historische Binnendifferenzierung Lateineuropas. Die aktuellen politischen Krisen im Euromediterraneum unterstreichen die hohe Relevanz einer solchen Perspektive.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Norwegen
 
 

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