Detailseite
Projekt Druckansicht

Wechselwirkungen in dispersionslosen Majorana-Bändern an Oberflächen nicht inversionssymmetrischer Supraleiter

Fachliche Zuordnung Theoretische Physik der kondensierten Materie
Förderung Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 320386177
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt war Teil eines größeren Forschungsprogramms, das sich mit topologischen Eigenschaften unkonventioneller Supraleiter beschäftigt. Neben Symmetrien erweisen sich topologische Konzepte als sehr wertvoll für deren Verständnis. Genauer ging es im Projekt um Supraleiter, deren interessante topologische Eigenschaften damit zusammenhängen, dass ihre Energielücke Nullstellen hat. Das bedeutet, dass Anregungen mit bestimmten Impulsen und beliebig kleinen Energien möglich sind. Während konventionelle Supraleiter keine solchen Nullstellen oder "Knoten" aufweisen, sind sie für unkonventionelle Supraleiter typisch. Konkret haben wir zwei Klassen solcher Materialien untersucht. Die erste Klasse ist durch Kristallgitter gekennzeichnet, die unter Punktspiegelung nicht symmetrisch sind. Solche Supraleiter können an ihrer Oberäche makroskopisch viele sogenannte Majorana- Anregungen aufweisen. Die Erzeugung dieser Anregungen kostet keine Energie und sie verhalten sich wie Teilchen, die ihre eigenen Antiteilchen sind. Dieses Bild beruht allerdings auf vereinfachten Modellen, die die Wechselwirkung zwischen den Majorana-Anregungen vernachlässigen. Ziel des Projekts war, die Konsequenzen solcher Wechselwirkungen zu untersuchen. Dafür war die Einsicht wichtig, dass man solche Systeme exakt durch wechselwirkende Majorana-Wellenpakete im Realraum darstellen kann. Die Physik der wechselwirkenden Majorana-Anregungen erweist sich als sehr komplex. Zum Beipiel ähnelt es einem topologischen Standard-Modell, dem "toric code", und hat ähnliche topologische Eigenschaften. Im Gegensatz zum toric code hat unser Modell aber keine durch topologische Eigenschaften geschützte Energielücke für Anregungen und die topologischen Eigenschaften sind daher i. A. nicht robust. Interessanterweise hat das Systeme aber eine Energielücke (nur beruht diese auf einer (auch nicht konventionellen) spontanen Streifenordnung. Wir konnten zeigen, dass diese Lücke die topologische Ordnung nicht stabilisiert. Weiter finden wir eine unerwartet starke Abhängigkeit davon, ob die Anzahl der Majorana-Moden in einer Raumrichtung gerade oder ungerade ist. Die vielen Majorana-Moden sind vielversprechend für Anwendungen in der Quanteninformationtechnologie. Die zweite betrachtete Klasse unkonventioneller Supraleiter hat Kristallstrukturen mit Inversionssymmetrie, dafür sind sie magnetisch - die Zeitumkehrsymmetrie ist gebrochen. Solche Supraleiter haben unter bestimmten Bedingungen generisch eine Fermi-Fläche. Eine Fermi-Fläche ist charakteristisch für normale Metalle und die verbreitete Ansicht war vorher, dass Supraleiter im Gegensatz dazu eine Energielücke haben, evtl. bis auf die erwähnten Knoten. Wir haben eine allgemeine Theorie für solche Fermi-Flächen von Supraleitern entwickelt und gezeigt, dass unter bestimmten Voraussetzungen sämtliche Knoten zu Fermi-Flächen werden. Sie stehen in einer engen Verbindung zur Magnetisierung, die wir mit Hilfe einer Verallgemeinerung des nützlichen Konzepts der nichtunitären Paarung aufzeigen konnten. Außerdem haben wir weitere topologische Eigenschaften dieser Fermi-Flächen identifiziert und damit zusammenhängende Oberächenzustände vorhergesagt. In einer anderen Arbeit haben wir anhand eines mikroskopischen Modells gezeigt, dass die exotisch wirkenden Fermi-Flächen für realistische Materialparameter auftreten können. In einem Teilprojekt, das eine Klammer für die beiden genannten Forschungsrichtungen bildet, haben wir sogenannte Halb-Heusler-Supraleiter wie YPtBi untersucht, die keine Inversionssymmetrie aufweisen. Wir konnten mit Hilfe eines materialspezifischen Modells zeigen, dass abhängig von der Symmetrie des supraleitenden Zustands entweder die vielen Majorana-Moden an der Oberäche oder eine komplexe Struktur von Punkt- und Linienknoten und Fermi-Flächen im Volumen des Materials auftreten. Dabei ist das erstere Szenario wahrscheinlicher und macht YPtBi zu einem vielversprechenden Material für Majorana-Physik.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Inflated nodes and surface states in superconducting half-Heusler compounds, Phys. Rev. B 96, 094526 (2017)
    C. Timm, A. P. Schnyder, D. F. Agterberg, and P. M. R. Brydon
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevB.96.094526)
  • Bogoliubov Fermi surfaces: General theory, magnetic order, and topology, Phys. Rev. B 98, 224509 (2018)
    P. M. R. Brydon, D. F. Agterberg, H. Menke, and C. Timm
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevB.98.224509)
  • Bogoliubov Fermi surfaces stabilized by spin-orbit coupling, Phys. Rev. B 100, 224505 (2019)
    H. Menke, C. Timm, and P. M. R. Brydon
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevB.100.224505)
  • Interacting Majorana Modes at Surfaces of Noncentrosymmetric Superconductors, Phys. Rev. B 101, 024519 (2020)
    J. E. Rückert, G. Roósz and C. Timm
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevB.101.024519)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung