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Eiskeile als Winterklimaarchive - hochwertige Chronologien, verbessertes Prozessverständnis und neue Paläoklimarekonstruktionen

Antragsteller Dr. Thomas Opel
Fachliche Zuordnung Physische Geographie
Förderung Förderung von 2016 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 319593527
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das geförderte Projekt beschäftigte sich mit Eiskeilen als Winterklimaarchiven. Eiskeile sind spezielle Eiskörper in Permafrostregionen, die entstehen, wenn im Frühjahr Schneeschmelzwasser in winterliche Frostrisse im Boden eindringt und wiedergefriert. Dadurch können sie als eines von sehr wenigen Klimaarchiven Informationen über das Winterklima liefern. Obwohl im Vergleich zu anderen Klimaarchiven untererforscht, liefern sie deshalb einen wichtigen Beitrag zur Paläoklimaforschung. Das übergeordnete Ziel war es, hochqualitative Eiskeilchronologien zu erstellen, das Prozessverständnis des Eiskeilwachstums und des Klimasignals (enthalten in den stabilen Isotopen des Niederschlags) zu verbessern und neue Paläoklimazeitreihen zu erstellen. Dafür wurde im Wesentlichen auf schon vorhandene Daten und Proben aus Nordostsibirien zurückgegriffen, es wurden aber auch 2 Expeditionen durchgeführt: in das ostsibirische Yana-Hochland, um in dieser klimatisch extremen Region neue Eiskeile zu beproben, und in das Lena-Delta, um den bestehenden Datensatz zur Transformation der Schneedecke zu Eiskeileis zu erweitern und neue Beobachtungen anzustellen. Bezüglich der Alterseinordnung von Eiskeilproben mittels der Radiokarbonmethode deuten die Projektergebnisse darauf hin, dass für die Analyse von Eiskeilen aus dem letzten Glazial gelöster organischer Kohlenstoff besser geeignet zu sein scheint als größere Pflanzenreste. Im Holozän, der gegenwärtigen Warmzeit, hingegen, scheint das hingegen nicht der Fall zu sein, was auf weiteren Forschungsbedarf hinweist. (was bedeutet das jetzt fuer die Erforschung von Eiskeilen als Klimaarchiven?) Bei einigen holozänen Eiskeilen kann eine hohe Anzahl von Radiokarbondatierungen (Pflanzenmakroreste) zur Entwicklung von Altersmodellen genutzt werden, die kombiniert mit einer dichten Beprobung für stabile Isotope, zu hochaufgelösten Paläoklimazeitreihen führen können. Ein weiteres Ergebnis des Projekts war es, dass sich die isotopische Zusammensetzung der Schneedecke im Verlauf des Frühjahrs auch vor der Schneeschmelze verändert und sich isotopisch anreichert. Damit liegt die isotopische Zusammensetzung der Frühjahrsschneedecke näher an der von modernen Eiskeilen, als die des frisch gefallenen Winterschnees. Die genauen Prozesse und Auswirkungen auf das Klimaarchiv Eiskeile sind bisher nicht ausreichend verstanden und müssen noch weiter untersucht werden. Das gleiche gilt für die Mechanismen der Frostrissfüllung mit Schmelzwasser, da die Frostrisse während der Geländebeobachtungen vor der Schneeschmelze meist schon mit Eis verschlossen waren. Ergänzende regionale Eiskeilstudien im Rahmen des Projekts haben gezeigt, dass unter günstigen Bedingungen sehr alte Eiskeile (mindestens bis zu 200.000 Jahre alt) sowohl die letzte als auch die aktuelle Warmzeit überstanden haben und erst jetzt durch Erosionsprozesse freigelegt werden. Dadurch lassen sich Rückschlüsse auf das Winterklima zur Zeit der Bildung sehr prägnanter Permafrostablagerungen mit Eiskeilen über die letzten mindestens 200.000 Jahre ziehen. Diese zeigen, dass an der Laptevseeküste in Nordostsibirien die kältesten Bedingungen während der Hochphase der letzten Eiszeit herrschten und moderne Eiskeile die aktuelle Erwärmung der Arktis widerspiegeln. Im inneren Ostsibiriens, im Yana-Hochland, herrschen sowohl heute als auch vor etwa 50.000 bis 30.000 Jahren deutlich harschere Bedingungen vor als in den nordostsibirischen Küstenregionen. Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass Eiskeile ein vielversprechendes Klimaarchiv sind, das neben anderen Klimaarchiven zu einer umfassenden Klimarekonstruktion für die sensiblen Permafrostregionen beitragen kann. Dazu ist aber noch weitere Forschung nötig, insbesondere zu (1) der Dynamik von Frostrissen und Füllung der Frostrisse, (2) der Bildung und Erhaltung der Klimainformation (stabile Isotope), (3) der Datierung von Eiskeilen, (4) der Entwicklung von Altersmodellen, und (5) der verbesserten Interpretation von Isotopenzeitreihen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2017. Ground-ice stable isotopes and cryostratigraphy reflect late Quaternary palaeoclimate in the Northeast Siberian Arctic (Oyogos Yar coast, Dmitry Laptev Strait). Climate of the Past 13, 587-611
    Opel T, Wetterich S, Meyer H, Dereviagin AYu, Fuchs MC, Schirrmeister L
    (Siehe online unter https://doi.org/10.5194/cp-13-587-2017)
  • 2017. Northeast Siberian Arctic ice wedges confirm winter warming over the past two millennia. The Holocene 27 (11), 1789-1796
    Opel T, Laepple T, Meyer H, Dereviagin AYu, Wetterich S
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1177/0959683617702229)
  • 2018. Ice wedges as archives of winter paleoclimate: A review. Permafrost and Periglacial Processes 29 (3), 199-209
    Opel T, Meyer H, Wetterich S, Laepple T, Dereviagin A, Murton J
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/ppp.1980)
  • 2019. Ice Complex formation on Bol’shoy Lyakhovsky Island (New Siberian Archipelago, East Siberian Arctic) since about 200 ka. Quaternary Research
    Wetterich S, Rudaya N, Kuznetsov V, Maksimov F, Opel T, Meyer H, Günther F, Bobrov A, Raschke E, Zimmermann HH, Strauss J, Fuchs M, Schirrmeister L
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1017/qua.2019.6)
 
 

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