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Strukturelle und funktionelle Charakterisierung des KIAA1985-Proteins (autosomal rezessive Charcot-Marie-Tooth Neuropathie Typ 4C)

Antragstellerin Dr. Claudia Stendel
Fachliche Zuordnung Humangenetik
Förderung Förderung von 2006 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 31067354
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die hereditäre motorische und sensible Neuropathie (HMSN) oder Charcot-Marie-Tooth Neuropathie (CMT) ist die häufigste erbliche neuromuskuläre Erkrankung. In den meisten Familien folgt die HMSN einem autosomal dominanten oder X-chromosomalen Erbgang. Im Gegensatz dazu ist die autosomal-rezessiv erbliche HMSN (AR-HMSN) in den westlichen Industriestaaten selten. In Regionen und Bevölkerungsgruppen mit einem hohen Anteil an Verwandtenehen macht sie aber bis zu 50 % der HMSN-Fälle aus. Die AR-HMSN ist genetisch ausgesprochen heterogen. Im vorliegenden Forschungsprojekt wurden molekulargenetische sowie zell- und molekularbiologische Untersuchungen zur Pathogenese der CMT4C und CMT4H durchgeführt. Dabei wurden zwei Hauptziele verfolgt: 1) die strukturelle und funktionelle Charakterisierung des KIAA1985-Proteins (autosomal rezessive Charcot-Marie-Tooth Neuropathie Typ 4C, CMT4C) 2) die Überprüfung der Hypothese - aufbauend auf publizierten Daten -, dass Mutationen in Genen für Rho-GTPasen (oder ihre Regulatoren) periphere Neuropathien verursachen können. Das Genprodukt des CMT4C-Gens, KIAA1985 (SH3TC2), ist ein neuartiges Protein, dessen Funktion bislang unbekannt ist. Es konnte gezeigt werden, dass K1AA1985 an der Plasmamembran lokalisiert ist und kolokalisiert mit Markerproteinen des pericentriolären Recycling-Endosom. Weitere Untersuchungen zur subzellulären Lokalisation von KIAA1985 zeigten, dass K1AA1985 durch eine posttranslationale Lipidmodifikation an zelluläre Membranen gebunden werden kann. Da KIAA1985 aufgrund seiner vorhergesagten Domänenstruktur zu einer Gruppe möglicher Adapterproteine zählt, sollten Proteine gesucht werden, die mit KIAA1985 interagieren. Bei einem der identifizierten Bindungspartner handelte es sich um die kleine GTPase Rab11 , die ein wichtiger Regulator von endozytotischen und exozytotischen Transportprozessen zwischen Plasmamembran, Recycling Endosomen und Trans-Golgi-Netzwerk ist. Weitere Ergebnisse legen nahe, dass die KIAA1985 ein Rab11-Effektor ist, der Rab11-abhängige Transportprozesse reguliert. Die Beobachtung, dass KIAA1985-Mutanten, die zur CMT4C führen, nicht mit Rab11 interagieren, lässt vermuten, dass die KIAA1985-Rab11-lnteraktion für die Pathogenese der CMT4C relevant ist. In Schwannzell-Neuron-Kokulturen konnte gezeigt werden, dass Rab11 die Myelinbildung in vitro reguliert. Zusammengefasst legen die Daten nahe, dass Rab11 die Myelinbildung durch Regulation der KIAA1985 Aktivität steuert. Zukünftige Studien werden zeigen müssen, welche Myelinproteine / Schwann-Zell-Rezeptoren KIAA1985-abhängigen transportiert werden und welcher Schritt im Vesikeltransport von KIAA1985 beeinflusst wird. Bei der Suche nach Neuropathie-assoziierten Mutationen in Genen für Rho-GTPasen und Rho-GTPase-Regulatoren erschien das FGD4-Gen (für den Cdc42-Guanin-Nukleotid-Austauschfaktor Frabin) als aussichtsreichster Kandidat, da FGD4 aufgrund seiner Lokalisation am CMT4H-Genort zugleich auch ein positionales Kandidatengen darstellte. Zunächst wurden 63 Patienten nach klinischen, neurophysiologischen und histopathologischen Kriterien ausgewählt, die sich an den Befunden bei den bereits publizierten CMT4H-Familien orientierten. Die Sequenzanalyse des FGD4-Gens führte bei vier Patienten zum Nachweis pathogener Sequenzabweichungen. Untersuchungen zur Expression und erste funktionelle Studien mit überexprimiertem FGD4-Protein in Schwann-Zellen zeigten, dass FGD4 in den Zielzellen einer peripheren Neuropathie exprimiert wird und biologisch aktiv ist. In Anbetracht der vielfältigen Funktionen von Rho-GTPasen während der Entwicklung, Degeneration und Regeneration des peripheren Nervensystems sind weitere Untersuchungen notwendig, um die genaue Funktion von Frabin im peripheren Nervensystem aufklären zu können. Eine mögliche Strategie hierzu könnte sein, die Rolle von Frabin in wichtigen, durch Rho-GTPasen vermittelten zellulären Prozessen wie Ausbildung von Zellpolarität, Vesikeltransport, Neurotrophin-Signalling und Kommunikation mit der extrazellulären Matrix zu untersuchen.

 
 

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