Netzwerke in der Kartellkontrolle. Ein Dreiländervergleich Deutschland - UK - Ungarn
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt "Netzwerke in der europäischen Kartellkontrolle. Ein Dreiländervergleich: Deutschland, UK, Ungam" beschäftigte sich im Zeitraum Febmar 2007 bis Januar 2009 mit der Reform der europäischen Wettbewerbspolitik, die zum l. Mai 2004 in Kraft trat. Im Mittelpunkt stand dabei das neu geschaffene European Competition Network (ECN), dem neben der Europäischen Kommission die nationalen Kartellämter der 27 EU-Mitgliedstaaten angehören und das eine einheitliche und kohärente Anwendung europäischer Wettbewerbsregeln sicherstellen soll. Außerdem soll das Netzwerk zur Herausbildung und Bewahmng einer einheitlichen Wettbewerbskultur in der Europäischen Union beitragen. Das Projekt stellte sich zwei forschungsleitende Fragen: (l) Gelingt es, in der Zusammenarbeit der nationalen Wettbewerbsbehörden ein Netzwerk zu entwickeln, das gemessen an den Kriterien der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung funktionsfähig ist? (2) Können wir in dem Netzwerk ein gemeinsames europäisches wettbewerbspolitisches Leitbild feststellen? Bei der Beantwortung dieser Fragen stützten wir uns auf eine qualitative Inhaltsanalyse verfügbarer Dokumente wie Rechtsakte, (Jahres-)Berichte, Diskussionspapiere, Reden, Entscheidungen o. ä. Außerdem führten wir ergänzend teil standardisierte Interviews mit Vertretem der für das ECN zuständigen Abteilungen in der Generaldirektion Wettbewerb (Mai 2007), dem Bundeskartellamt (August 2007), dem Office of Fair Trading und der Competition Commission (Januar 2008), der ungarischen Wettbewerbsbehörde GVH und Anwälten großer Rechtsanwaltskanzleien in Budapest (Juli 2008) sowie emeut in der Generaldirektion Wettbewerb und mit Vertretem großer Rechtsanwaltskanzleien in Brüssel (November 2008). Darüber hinaus versandten wir einen Fragebogen an alle ECNMitgliedsbehörden (Rücklaufquote knapp 50 Prozent). Ergänzend organisierten wir einen intemational und interdisziplinär besetzten Workshop, um uns mit weiteren Experten aus Praxis und Wissenschaft auszutauschen. Sieben Telefoninterviews, emeut mit Experten und Rechtsanwälten, mndeten die Untersuchung ab. Problematisch war die generell mangelnde Bereitschaft der Behörden, uns Einblicke in die Geschäftsabläufe und Verfahren zu geben. Welche Fälle zu Divergenzen und Diskussionen im Netzwerk geführt haben, konnten wir deshalb nur indirekt emiitteln. Die Mitarbeiter der Kartellbehörden fürchteten ungewünschte Öffentlichkeit. Als Ergebnis unserer Forschung können wir das ECN als integriertes transgouvemementales Netzwerk klassifizieren und analysieren. Darüber hinaus haben wir festgesteUt, dass die Herausbildung einer gemeinsamen Wettbewerbskultur im Netzwerk noch nicht zu beobachten ist. Die aus den Unterschieden im Netzwerk und aus den divergierenden Wettbewerbskulturen resultierenden Probleme hinsichtlich der Funktionsweise des ECN haben wir analysiert und die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der Generaldirektion Wettbewerb im November 2008 im Rahmen einer Politikberatung vorgestellt. Darüber hinaus haben wir mehrere Artikel bei Refereed Joumals eingereicht und positive Gutachten erhalten. Diese Artikel werden nun überarbeitet und emeut zur Veröffentlichung eingereicht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Schorlemmer, Ingo/Steinke, Joß (2008): Die europäische Wettbewerbskontrolle nach der Reform: Chancen und Herausfordemngen, in: integration, Heft 3, S. 196-201.
- Sturm, Roland/Schorlemmer, Ingo/Steinke, Joß (2007): Networking Political Culture - The Govemance of EU Antitrust Pohcies, abmfl^ar (Siehe online unter: www.polwiss.phil.uni-erlangen.de/forschung/ecn paper.pdf. Erlangen)
- Sturm, Roland/Schorlemmer, Ingo/Steinke, Joß (2008): Why the EON needs a common competition culture. Some comments on the status quo and suggestions for improvement. Beratungsunterlage fiir den Konsultationsprozess im Vorfeld des Evaluationsberichts der General direktion Wettbewerb über die Wirkungen der Verordnung 1/2003 des Rates.