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Tribospektroskopische Untersuchung von Reibungsmechanismen in Metallen, Polymeren und Elastomeren

Fachliche Zuordnung Mechanik
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 29590175
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Vibrationen mit verschiedenen Frequenzen und Amplituden werden in vielen technischen Bereichen zur Beeinflussung der Reibungskraft eingesetzt. Für diese Anwendungen ist es wichtig zu wissen, wie die Haft- bzw. Gleitreibung von der Schwingungsamplitude abhängt. Die Untersuchung der Abhängigkeit der Reibungskraft von der Schwingungsamplitude liefert außerdem wichtige Informationen über die mikroskopischen Wechselwirkungen in Reibkontakten und erlaubt somit eine realitätsnahe Modellbildung und Berechnung von Reibkontakten. In dem vorliegenden Projekt wurde die Reibungskraft für Kontakte zwischen verschiedenen Materialien (verschiedene Stahlsorten, Messing, Kupfer, Aluminium, Titan, Teflon, Gummi, ...) und einer mit einer Frequenz von 40-70 kHz oszillierenden, stählernen Probe gemessen. Die Schwingungsamplitude wurde mit einem Laser-Vibrometer ermittelt. Der gemessene Reibungskoeffizient als Funktion der Gleitgeschwindigkeit und der Schwingungsamplitude kann gut durch das einfache Coulombsche Reibungsgesetz beschrieben werden, vorausgesetzt, dass die Gleitgeschwindigkeit ausreichend groß ist. Bei kleinen Gleitgeschwindigkeiten dagegen strebt der Reibungskoeffizient zu einem endlichen Wert (statischer Reibungskoeffizient) - im Widerspruch zur theoretischen Vorhersage. Aus diesem Grunde wurde der statische Grenzfall besonders ausführlich untersucht. Für die meisten Paarungen nimmt der Reibungskoeffizient mit der Schwingungsamplitude schnell ab. In der Regel reichen Schwingungsamplituden von 20 bis 60 Nanometem um den Reibungskoeffizienten um ca. das Dreifache zu vermindern. Ein qualitativ abweichendes Verhalten weisen Gummi und Aluminium auf. Die Länge, auf der die Reibungskraft wesentlich abfällt, bestimmt die räumliche Skala, die für die Reibungsprozesse in der gegebenen Reibpaarung und unter den gegebenen Bedingungen charakteristisch ist. Aufgrund der experimentellen Daten wurde das grundlegende Konzept der Reiblänge (Englisch - friction slip length) formuliert und begründet. Die Reiblänge bestimmt den Übergang von der Haftreibung zur Gleitreibung, die Abhängigkeit der Reibungskraft von der Schwingungsamplitude und die Skala, auf der das Coulombsche Reibungsgesetzt anwendbar ist. Ihre Berücksichtigung ist in allen Anwendungen mit hochfrequenten Schwingungen bzw. bei Anwendung der Reibgesetzte auf der Mikroskala (mikromechanische Systeme) notwendig. Als Überraschung kann man vor allem die Existenz einer gut definierten, charakteristischen Länge der Reibprozesse genannt werden. Bei Beginn der Arbeit sind wir von einer mehrskaligen bzw. fraktalen Natur von mikroskopischen Wechselwirkungen ausgegangen. Diese Mehrskaligkeit wurde aber durch das Experiment nicht bestätigt. Ein unerwartetes Ergebnis war, dass die charakteristische Skala für trockene Reibungssysteme in der Regel sehr klein ist (typischenweise 20 bis 60 nm) und sehr stabil. Sie hängt von der Materialpaarung ab, nicht aber von der Rauigkeit, der Qualität der Oberfläche und dem Verschleißgrad. Das wesentlich neue Ergebnis des Projektes ist das Konzept der Reiblänge, deren Benutzung viele Probleme der Reibungsphysik auf der Mikroskala mit einem Schlag löst.

 
 

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