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Molekulare Mechanismen während des Nahrungserwerbs und der gleitenden Lokomotion von viridiraptoriden Amöboflagellaten - Eine Transkriptomanalyse von Orciraptor agilis (Cercozoa, Rhizaria)

Fachliche Zuordnung Biochemie und Biophysik der Pflanzen
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Förderung Förderung von 2015 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 283693520
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Perforation von Algenzellwänden, das Eindringen in Beutezellen und die gleitende Fortbewegung stellen drei faszinierende und weitestgehend unerforschte zellbiologische Phänomene der viridiraptoriden Flagellaten dar. Ziel des Projektes war es, mittels vergleichender Transkriptomik (quantitative Expressionsanalysen) und einer Auswahl biochemischer Methoden zellwandabbauende Enzyme, Aktin-bindende Proteine und Motorproteine, die mit Mikrotubuli interagieren, in dem viridiraptoriden Flagellaten Orciraptor agilis zu erforschen. RNA von O. agilis in drei verschiedenen Lebensstadien (während gleitender Fortbewegung, Angriff der Beutealge und Zellteilung) wurde erfolgreich sequenziert und quantitativ analysiert. Expressionsmuster Zytoskelett-assoziierter Proteine spiegeln die zuvor mikroskopisch dokumentierten Prozesse gut wieder. Ein während des Gleitens stark hochreguliertes Kinesin-2 ist möglicherweise der treibende Motor der gleitenden Lokomotion. Hingehen wurden mehrere Myosine beim Angriff auf die Algenzellen hochreguliert, was auf eine Beteiligung dieser Motorproteine bei der Ausbildung des sog. Lysopodiums für die Zellwandauflösung hindeutet. Hauptinhalt des Projektes waren jedoch Zellwand-abbauende Enzyme und Kohlenhydrat-bindende Proteine. Wir konnten eine Glykosylhydrolase der Familie GH5_5 als möglichen Hauptakteur bei der Zellwandperforation identifizieren. Dieses Protein ist während des Angriffs auf die Alge stark hochreguliert und mittels einer Transmembrandomäne vermutlich an der Plasmamembran geankert. Die Protein-Phylogenie sowie der Sequenzvergleich mit verwandten und biochemisch charakterisierten GH5_5-Hydrolasen macht eine Endocellulase-Aktivität sehr wahrscheinlich. Dies deutet darauf hin, dass Orciraptor mittels Kontaktverdauung die Cellulose-haltige Zellwand der Beutezelle zersetzt. Des weiteren wurde eine stark expremierte und ebenfalls Membran-geankerte Polysaccharid Monooxygenase der Familie AA11 gefunden. Diese lytischen Proteine sind noch unzureichend charakterisiert und der einzige biochemisch untersuchte Vertreter aus Aspergillus oryzae spaltet Chitin, welches in den Zellwänden der konjugierenden Algen (Zygnematophyceae), der Beute von Orciraptor, fehlt. Dies regt zukünftige biochemische Studien an und zeigt, dass nicht-pilzliche Mikroeukaryoten eine interessantes Reservoir noch unbekannter Enzyme darstellen. Letztlich haben wir auch eine reihe Kohlenhydrat-bindender Proteine, insbesondere sogenannte LysM-Domänen (CBM50) gefunden, die während des Angriffs von Orciraptor stark hochreguliert waren. Es wird zukünftig sehr interessant sein, diese Bindungsproteine im Kontext der Beutezellerkennung von Mikroeukaryoten zu studieren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2018): Two new marine species of Placopus (Vampyrellida, Rhizaria) that perforate the theca of Tetraselmis (Chlorodendrales, Viridiplantae). Journal of Eukaryotic Microbiology
    More K, Simpson AGB, Hess S
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/jeu.12698)
  • (2019): A natural toroidal microswimmer with a rotary eukaryotic flagellum. Nature Microbiology
    Hess S, Eme L, Roger AJ, Simpson AGB
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41564-019-0478-6)
 
 

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