Arbeitsgedächtnismechanismen bei der menschlichen Entscheidungsfindung
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In mehreren Experimenten wurden grundlegende Wechselwirkungen zwischen Arbeitsgedächtnisbelastung und der sequentiellen Informationsverarbeitung bei datenbasierten Entscheidungen beobachtet. Allerdings fanden sich keine Hinweise auf eine systematische, multiplikative Modulation der Gewichtung entscheidungsrelevanter Information durch gleichzeitige, für die Entscheidungsaufgabe irrelevante Arbeitsgedächtnisinhalte. Dieser Befund zeigte sich ähnlich über eine Bandbreite unterschiedlicher Stimulus- (z.B. symbolische und nichtsymbolische Zahleninformation, visuell-perzeptuelle Reizeigenschaften) und Aufgabenvarianten. Die vorläufigen Ergebnisse deuten auf die Nutzung gemeinsamer kognitiver Ressourcen, aber möglicherweise unterschiedlicher repräsentationaler Formate, bei der Aufrechterhaltung zusätzlicher Gedächtnisinhalte während der Entscheidungsfindung. Weitere Experimente und modellbasierte Analysen belegten systematische Verzerrungen der Repräsentation entscheidungsrelevanter Zahleninformationen, sowohl in Verhaltensdaten als auch in der repräsentationalen Ähnlichkeitsstruktur simultan aufgezeichneter EEG-signale (n=24). Die Verzerrungen scheinen maßgeblich auf begrenzte Arbeitsgedächtnis- und Verarbeitungskapazitäten zurückzuführen zu sein und können paradoxerweise dazu beitragen, mit den verfügbaren neuro-komputationalen Ressourcen bestmögliche Entscheidungen zu treffen. Auf Basis der Ergebnisse wurde ein generischer psychometrischer Modellierungsansatz weiterentwickelt, der vermeintlich irrationales menschliches Verhalten in einer Vielzahl von Entscheidungssituationen erklären kann.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2017). Beyond the status quo: a role for beta oscillations in endogenous content (re-)activation. eNeuro, 0170-17.2017
Spitzer, B. & Haegens, S.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1523/ENEURO.0170-17.2017) - Selective overweighting of larger magnitudes during noisy numerical comparison. Nature Human Behaviour, 0145 (2017)
Spitzer, B., Waschke, L., Summerfield, C.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41562-017-0145)