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Literatur im Zeitalter der Illustrierten: Stationen komplexer Text-Bild-Beziehungen im 19. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Theater- und Medienwissenschaften
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 282457319
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Projekt wird – abschließend in Form einer Modellstudie publiziert – am Beispiel einer illustrierten Familienzeitschrift aus dem 19. Jahrhundert („Die Gartenlaube. Illustrirtes Familienblatt“) ein Vorschlag unterbreitet, wie sich Zeitschriften als ‚kleine Archive‘, d.h. als eigenständige Agenturen der Wissensorganisation verstehen und analysieren lassen. Zentraler Ausgangspunkt dafür ist das Konzept einer aus verschiedenen Einheiten spezifisch zusammengesetzten Druckordnung. Mit ihm sind entscheidende Schritte weg von den bislang üblichen Zugriffsweisen getan, in denen Zeitschriften ein ‚schwaches Objekt‘ bleiben, das von den Objektbildungsroutinen etablierter Disziplinen überformt wird: weg von der Vorstellung, Zeitschriften hätten einen ‚Inhalt‘, und weg von der Vorstellung, Zeitschriften wären so ähnlich wie anderes – wie ein Text, wie ein multimodaler Komplex, wie eine Serie, wie das, was Leser*innen brauchen oder was Redakteur*innen wollen. Es ist der Schritt hin zu Zeitschriften als einem ‚starken Objekt‘, hin zu der Frage, auf welchem Platz wieviel wovon auf welche Weise Heft für Heft zusammengedruckt wird und welche relevanten Effekte das zeitigt. Aus ‚Inhalt‘ werden so Einheiten, die gebildet sind aus der Korrelation von Zeichenclustern, deren Umfang und deren Platzierung in einer Druckordnung. Die schon länger vorgehaltene These, Zeitschriften seien wesentliche Agenturen der Wissensorganisation, konnte so an einem Beispiel historisch belegt werden; dies vor allem, weil mit der Fokussierung der Druckordnungen Fragestellungen und Begrifflichkeiten detailliert und präzisiert und so für die Analyse konkreter Objekte operationalisiert wurden. Herauszuarbeiten waren verschiedene Formen der Einheitenbildung (Zeichenkomplexe als Textspaltenflächen und xylographisch erstellte Bildflächen) und ihre mögliche Verfestigung zu gartenlaubenspezifischen Gattungen (z.B. zu Fortsetzungseinheiten), die verschiedenen Formen der Platzierung innerhalb der Hefte und über Hefte hinweg; dies wiederum mit Blick auf ihren Durchmischungsgrad (kompakt oder zerstreut gedruckt), mit Blick auf den Mischungsgrad (wie viele Einheiten pro Seite/Doppelseite auf wie vielen Seiten insgesamt) und mit Blick auf die Art der Kontakte, die auf diese Weise zwischen solchermaßen gebildeten Einheiten zustande kommen. Für die „Gartenlaube“ konnte so gezeigt werden, dass sie als Druckordnung eine eigene Vorstellung von einer anthropomorphen, ‚Fülle der Welt‘ prozessiert und dafür auf bestimmte Weise flexibel ist. Zudem wurde gezeigt, dass sich Zeitschriftenliteratur in solchen Gefügen allererst als eine unterscheidbare Einheit – als eine Gartenlaubengattung – ausbilden muss und dass sie dabei nicht mehr als etwas vorausgesetzt werden kann, das dem Wortlaut und der Bedeutungsorganisation nach bereits bekannt ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • ‚Kleine Archive‘ in den Digital Humanities. Überlegungen zum Forschungsobjekt ‚Zeitschrift‘. In: Huber, Martin; Krämer, Sibylle (Hrsg.): Wie Digitalität die Geisteswissenschaften verändert: Neue Forschungsgegenstände und Methoden (Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften, Sonderband 3, 2018)
    Jutta Müller-Tamm
    (Siehe online unter https://doi.org/10.17175/sb003_010)
  • Akkumulieren – Mischen – Abwechseln. Wie die „Gartenlaube“ eine anschauliche Welt druckt und was dabei aus ‚Literatur‘ wird (1853, 1866, 1885). Berlin, September 2020 (221 Seiten)
    Jutta Müller-Tamm
    (Siehe online unter https://doi.org/10.17169/refubium-28136)
  • Journalliteratur. In: Eke, Norbert Otto (Hrsg.): Vormärz-Handbuch. Bielefeld 2020, S. 602-610
    Jutta Müller-Tamm
 
 

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