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Paläobathymetrie des Südozeans und deren Rolle bei Klimaänderungen

Fachliche Zuordnung Paläontologie
Physik des Erdkörpers
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 279559463
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Entwicklung des zirkumantarktischen Südozeans besitzt eine Schlüsselbedeutung für die Änderungen der atmosphärischen, ozeanographischen und kryosphärischen Muster der Erde. Der Südozean entstand aus mehreren isolierten Becken zu einem einzigen zirkum-antarktischen Ozeansystem mit Tiefenwasserverbindungen zwischen dem Pazifik, Atlantik und dem Indischen Ozean während des Känozoikums. Insbesondere wirkt sich die Entwicklung des Südozean seit dem Eozän-Oligozän-Übergang vor 34 millionen Jahren (Ma) als einer der wesentlichen kontrollierenden Faktoren im Klimasystem der Erde aus. Wir haben über eine Zusammenstellung und Analyse von Daten aus 150 DSDP/ODP/IODP-Bohrlokationen und über 500.000 km seismischer Profile eine Abfolge von paläobathymetrischen Rastermodellen für den Südozean von 34 Ma bis heute erstellt. Diese Zusammenstellung mit einer Etablierung einer vereinheitlichten seismischen Stratigraphie und die Anwendung einer quantitativen ‚backstripping‘-Rekonstruktion für die Kartierung der Paläowassertiefen von relevanten vergangenen Zeitscheiben ist eine sehr zeitaufwendige, aber äußerst lohnende Anstrengung gewesen. Die zunächst als Zwischenergebnis erstellten Daten über Sedimentmächtigkeiten und Volumen aus dieser ‚Big Data‘-Analyse sind bereits für eine Studie über die Verbreiterung der antarktischen Kontinentalschelfe aufgrund der glazial-induzierten progradierenden Ablagerung der Sedimente genutzt worden, gefolgt von einem signifikanten Beitrag zur einer globalen Zusammenstellung und Analyse der Sedimentmächtigkeiten der Ozeane sowie für die Entwicklung einer Serie von paläotopographischen Modellen des antarktischen Festlandes über die letzten 34 millionen Jahre. Diese paläotopographischen Rasterdaten der Antarktis liefern wichtige Randbedingungen für Modelle, die die vergangene Dynamik der antarktischen Eisschilde und Implikationen für Änderungen der globalen Eisvolumen, Temperatur und des Meeresspiegels in relevanten Klimaübergängen des Känozoikums untersuchen helfen. In fortgesetzten Analysen sind spezifische paläoklimatische Aspekten, abgeleitet aus den Mustern der sedimentären Entwicklung des Südozeans, bearbeitet und als Manuskripte zur Publikation angefertigt worden. Die gesamte Abfolge der paläobathymetrischen Rastermodelle beschreiben die Übergänge von isolierten Ozeanbecken zum Tiefenwasseraustausch der verbundenen Ozeane, die Etablierung und Intensitätsmodi des antarktischen Zirkumpolarstroms, die sich verändernden Transporte der Sedimente durch den Wechsel von Wachstum und Rückzug der antarktischen Eisschilde sowie die Perioden der Vergrößerung der Eisschilde nach intensiven warmen Perioden. Während der nahezu gesamten Glazialgeschichte der Antarktis hat sich die primäre Sedimentation in den gleichen Ablagerungsgebieten ereignet. Für die Ostantarktis können Änderungen des regionalen Abflussverhaltens von Gletschersystemen beobachtet werden. Die Lage der heutigen Gletschersysteme hat sich erst nach dem Übergang in glazialdominierte Bedingungen seit dem Miozän etabliert. Wir beobachten zwei Hauptphasen der glazial-bedingten Ablagerungen im Südozean, die in Relation zum ersten kontinentalen Eisschild im frühen Oligozän und zu den anhaltenden glazialen Zustände nach dem klimatischen Optimum im mittleren Miozän stehen. Die submarinen Anteile von beiden Eisschilden der West- und Ostantarktis sind nach dem klimatischen Optimum langsam zur vollen Ausbreitung gelangt. Für die Zeit nach dem Miozän macht sich die Sedimentation vor allem durch die Schelfprogradierung bemerkbar, die die Kontinentalschelfe bis zu ihrer heutigen Ausbreitung brachten. Ein ungewöhnlich mächtiges Sedimentpaket mit sehr hohen Sedimentationsraten von bis zu 30 cm pro tausend Jahre wurde im Tiefseebecken vor Wilkes Land der Ostantarktis für das frühe Oligozän beobachtet. Wir leiten aus diesen Beobachtungen eine massive Akkumulation von potenziell biogenem Material als Resultat von räumlich und zeitlich einzigartigen ozeanographischen und klimatischen Bedingungen im australisch-antarktischen Korridor ab. Die Kombination von zunehmend nährstoffreichen Einträgen vom relativ neu vereistem Kontinent mit einer sich im Uhrzeigersinn drehenden ozeanischen Zirkulation, die warmes Wasser transportierte und einen Auftrieb erzeugte, führte zu einer starken biogenen Sedimentation in der Tiefsee. Die über eine verstärkte Produktivität gesteigerte Aufnahme von Kohlenstoff hat möglicherweise eine Reduktion der atmosphärischen CO2-Konzentration in einer Größenordnung erzeugt, die die zu kühleren klimatischen Bedingungen geführt haben könnte. Die Rolle der ozeanischen Gateways im Südozean in Hinblick auf die antarktische Vereisungsgeschichte konnte mit Hilfe der neuen paläobathymetrischen Rastern analysiert werden. Das Ergebnis liefert einen deutlichen Hinweis, dass es entscheidend darauf ankam, ob nur eines der Gateways oder beide ausreichend offen und tief für Strömungen zwischen dem Pazifischen, Atlantischen und Indischen Ozean gewesen sind. Die in diesem DFG-finanzierten Projekt erarbeiteten Datensätze bilden einen wertvollen Datenschatz, der auch zukünftig für eine Anzahl von weiteren Analysen und Studien über paläoklimatische und Paläoeisschild-Prozesse von verschiedenen nationalen und internationalen Arbeitsgruppen, einschließlich unserer im AWI, genutzt werden wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019). GlobSed: Updated total sediment thickness in the World’s oceans. Geochemistry Geophysics Geosystems, 20, 1756-1772
    Straume, E.O., Gaina, C., Medvedev, S., Hochmuth, K., Gohl, K., Whittaker, J.M., Abdul Fattah, R., Doornenbal, J.C., Hopper, J.R.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1029/2018GC008115)
  • (2019). Reconstructions of Antarctic topography since the Eocene- Oligocene boundary. Palaeogeography Palaeoclimatology Palaeoecology, 535
    Paxman, G.J., Jamieson, S.S.R., Hochmuth, K., Gohl, K., Bentley, M.J., Leitchenkov, G., Ferraccioli, F.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.palaeo.2019.109346)
  • (2019). Seaward growth of Antarctic continental shelves since establishment of a continent-wide ice sheet: Patterns and mechanisms. Palaeogeography Palaeoclimatology Palaeoecology, 520, 44-54
    Hochmuth, K., Gohl, K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.catena.2019.01.025)
  • (2020). The evolving paleobathymetry of the circum-Antarctic Southern Ocean since 34 Ma – a key to understanding past cryosphere-ocean developments. Geochemistry Geophysics Geosystems
    Hochmuth, K., Gohl, K., Leitchenkov, G., Sauermilch, I., Whittaker, J.M., Uenzelmann- Neben, G., Davy, B., De Santis, L.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1029/2020GC009122)
 
 

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