Hochgeschwindigkeitsspanbildungsanalyse für das Tiefbohren kleiner Durchmesser von hochfesten und schwer zerspanbaren Werkstoffen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In diesem Projekt ermöglichte ein neu entwickelter Versuchstand einen optischen Zugang zur Spanbildung beim Einlippentiefbohren von schwer zerspanbaren Werkstoffen. Die Spanbildung konnte durch umfangreiche Untersuchungen mittels einer Hochgeschwindigkeitskamera grundlegend analysiert werden. Die Versuchsergebnisse belegen, dass die materialspezifische Anpassung der Prozessparameter und der Werkzeuggeometrie beim Tiefbohren von anspruchsvollen Materialien unabdingbar für eine qualitativ hochwertige und prozesssichere Zerspanung sind. Der entwickelte Versuchsstand ermöglicht sowohl eine Beobachtung der Spanbildung bei stehendem Werkzeug und drehender Versuchsprobe, als auch eine Beobachtung der Führungselemente und der Spanabfuhr bei drehendem Werkzeug und stehender Versuchsprobe. Mit kleiner werdendem Durchmesser der untersuchten Werkzeuge steigt dabei die Drehzahl der Werkzeuge, sodass bei einem Durchmesser von d < 2 mm die Grenzen der verwendeten Hochgeschwindigkeitskamera in Bezug auf Auflösung und Bildwiederholrate erreicht wurden. Die Analysen zeigen, dass sich bei der Zerspanung von 20MnCrMo7 durch eine Optimierung der Schnittparameter unter Verwendung des Standardanschliffs eine deutliche Verbesserung der Spanbildung erzielen lässt. Die größere Stauchung des Materials vor der Schneidkante begünstigt dabei das Bruchverhalten und die Entstehung kurzer Späne. Bei der Bearbeitung von Inconel 718 verhindert ein flacherer Schneidenanschliff, der den Spanablauf über die Spanfläche verändert, die Faltung der Späne und es entstanden kurze prozessgünstige Wendelspäne. Die Verbesserung der Spanbildung und eine Verringerung der Radialkräfte durch den flacheren Schneidenanschliff führten zudem zu einer Verbesserung der Bohrungsqualität. Neben den Schnittparametern und der Makrogestalt der Werkzeuge ließ sich in weiterführenden Untersuchungen der Einfluss einer Änderung der Mikrogestalt durch Verschleiß oder Beschichtungen auf die Spanbildung untersuchen. Während dabei durch die für 20MnCrMo7 typische Aufbauschneidenbildung die Spandickenstauchung sinkt und längere Späne entstehen, steigt durch den abrasiven Verschleiß der Schneidkante bei Inconel 718 die Spandickenstauchung. Insgesamt stellt die entwickelte Methode der Hochgeschwindigkeitsspanbildungsanalyse eine hervorragende Möglichkeit zur Optimierung von Bohrwerkzeugen dar und bietet eine gute Basis für eine zielgerichtete Werkzeug- und Prozessentwicklung für anspruchsvolle Werkstoffe. Aufgrund der großen Relevanz der Spanbildung für die Prozesssicherheit bietet es sich an, die Spanbildung bei weiteren Werkstoffen und auch bei Werkzeugen mit größerem Durchmesser grundlegend zu analysieren. Neben der Spanbildung lässt sich auch die besonders bei Wendelbohrern wichtige Spanabfuhr analysieren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Tiefbohren von hochfesten und schwer zerspanbaren Werkstoffen mit kleinsten Durchmessern. Dissertation, Technische Universität Dortmund, Vulkan Verlag, Essen, (2016), ISBN 978-3-8027-8791-1
Kirschner, M.
- Adaption of the Tool Design in Micro Deep Hole Drilling of Difficult-To-Cut Materials by High-Speed Chip Formation Analyses. In: 7. WGP-Jahreskongress Aachen, 5.-6. Oktober 2017 Hrsg.: Robert Schmitt, Günther Schuh, 1. Auflage, Apprimus Verlag, Aachen, (2017) ISBN 978-3-86359-555-5
Kirschner, M.; Michel, S.; Berger, S.; Biermann, D.:
- In situ chip formation analyses in micro single-lip and twist deep hole drilling. In: International Journal of Advanced Manufacturing Technology (2017)
Kirschner, M.; Michel, S.; Berger, S.; Biermann, D.; Debus, J.; Braukmann, D.; Bayer, M.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00170-017-1339-1) - Innovative Werkzeuglösungen für anspruchsvolle Tiefbohraufgaben. In: Präzisions- und Tiefbohren aktuell, 22.3.-23.3.2017, VDI Wissensforum, Fachtagung an der Universität Stuttgart, (2017), S. 65-83, ISSN 978-3-942980-54-8
Biermann, D.; Fuß, M.; Kirschner, M.; Metzger, M.