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Grundlagen impliziter Theory of Mind in der Entwicklung: Zusammenspiel von Kognition, Sprache, und Gehirn

Fachliche Zuordnung Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2015 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 258522519
 
Lange wurde angenommen, dass sich Theory of Mind (ToM) im Vorschulalter aufbauend auf allgemeinen kognitiven und linguistischen Ressourcen entwickelt. Neue Forschung findet jedoch bereits bei Säuglingen Kompetenz in impliziten ToM-Aufgaben. Eine zentrale Herausforderung der sozial-kognitiven Entwicklungspsychologie besteht darin, diese frühe Kompetenz, ihre Grundlagen und ihr Verhältnis zu späterer expliziter ToM zu verstehen. Unser Projekt widmet sich dieser Frage und untersucht den Entwicklungsverlauf, die kognitive und neuronale Basis impliziter ToM sowie ihr Verhältnis zur Sprach- und allgemeinen kognitiven Entwicklung. In der 1. Förderphase wurde in einer Längsschnittstudie implizite ToM mit 2 und 3 Jahren zu vorausgehender Sprach- und kognitiver Entwicklung in Beziehung gesetzt. Um reliable und sensitive Maße für implizite ToM zu etablieren, konzentrierten wir uns auf typische implizite ToM-Aufgaben, die die Erwartungen von Kindern messen, wie eine Person mit falschen Überzeugung handeln wird. Überraschenderweise zeigten unsere Befunde mangelnde Replizierbarkeit und konvergierende Validität der Maße – in Übereinstimmung mit aktuellen Befunden aus zahlreichen Laboren weltweit, die zusammengenommen tiefgreifende Zweifel an der Angemessenheit dieser Aufgaben aufwerfen. Derzeit testen wir in einer Längsschnittstudie, ob diese Aufgaben, obwohl sie keine frühe Kompetenz auf Gruppenebene zeigen, dennoch frühe interindividuelle Varianz messen, die durch vorausgehende Sprach- und allgemeine kognitive Entwicklung erklärt wird. In der 2. Förderperiode wählen wir einen konzeptuell neuen Blickwinkel auf implizite ToM und konzentrieren uns auf alterzentrische Interferenz. Dies ist das robust replizierte Phänomen, dass Versuchspersonen in ihrem eigenen Urteil von der Perspektive anderer beeinflusst werden, die sie scheinbar automatisch mit repräsentieren. Zum Beispiel entdecken oder zählen sie Objekte langsamer, wenn eine andere Person anwesend ist, die eine inkongruente Perspektive auf die Objekte hat. Alterzentrische Interferenzaufgaben haben eine Reihe entscheidender Vorteile: sie ermöglichen eine feinkörnige Messung impliziter ToM, strenge experimentelle Kontrolle und Variation linguistischer und exekutiver Aufgabenanforderungen, minimale Kontraste zwischen impliziten und expliziten Aufgaben, und sind somit perfekt geeignet für neuronale Bildgebungsstudien. Die Kombination behavioraler und neurowissenschaftlicher Methoden ermöglicht uns, die kognitiven und neuronalen Grundlagen der Entwicklung verschiedener Formen von ToM zu untersuchen, ihre zugrundeliegenden Prozesse und ihr Verhältnis zu Sprache und allgemeiner Kognition. Das Projekt wird dazu beitragen, das Wesen und die Grundlagen impliziter ToM besser zu verstehen. Durch die enge Kooperation mit anderen Projekten in CROSSING wird es zu einem besseren Verständnis des Zusammenspiels von sprachlicher, bereichsspezifischer und bereichsübergreifender kognitiver Entwicklung und dem Gehirn beitragen.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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