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Die Bedeutung von phänotypischer Plastizität für rasche evolutive Anpassung: Theoretische und experimentelle Ansätze mit Tribolium castaneum und Bacillus thuringiensis.
Antragsteller
Professor Dr. Joachim Kurtz
Fachliche Zuordnung
Evolution, Anthropologie
Förderung
Förderung von 2015 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 274553442
Phänotypische Plastizität und Wirt-Parasit Interaktionen werden gemeinhin als Treiber von schnellen Evolutionsprozessen betrachtet. Das beantragte Projekt hat das Ziel, durch Untersuchung eines prominenten Beispiels phänotypischer Plastizität, dem Immungedächtnis von Invertebraten, Bedingungen aufzuklären, die zu schneller Adaptation in Wirt oder Parasit führen. In dem beantragten Projekt werden wir eine Kombination von experimenteller Evolution und mathematischer Modellierung benutzen, und so folgende drei Fragen untersuchen. (1) Was ist der Effekt von phänotypischer Plastizität auf die schnelle Adaptation in einem Pathogen? Unsere theoretischen Vorarbeiten zeigen, dass resistente Wirte für virulente Pathogene selektieren. Dies wirft die Frage auf, ob auch phänotypisch plastische Wirte (hier: mit Immungedächtnis oder 'Priming') für virulente Pathogene selektieren. Wir werden diese Fragestellung durch Selektionsexperimente mit dem Entomopathogen Bacillus thuringiensis in phänotypisch plastischen versus nicht-plastischen (d.h. mit und ohne Immungedächtnis) Tribolium castaneum Wirten untersuchen, und die empirischen Resultate dann durch weitere mathematische Modellierung zu erklären versuchen. (2) Was ist der Effekt von phänotypischer Plastizität auf schnelle Adaptation im Wirt selbst? Es wird allgemein angenommen, dass ein hoher Grad an phänotypischer Plastizität die evolutionäre Adaptation beschränkt, da genetische (d.h. evolutionäre) Änderungen abgefedert würden. Wir werden diese Thematik mit einer Reihe von Experimenten untersuchen, bei denen der Fokus auf der Wirtsevolution liegt. Dabei wird die phänotypische Plastizität (hier: das Immungedächtnis) experimentell induziert. (3) Unter welchen Bedingungen endet phänotypische Plastizität in genetischer Assimilierung? Es wird oft vereinfacht argumentiert, dass fluktuierende Umweltbedingungen phänotypische Plastizität begünstigen und genetische Assimilierung verhindern. Dabei wird jedoch übersehen, dass es wichtige Unterschiede zwischen der Umwelt gibt, in welcher der Phänotyp induziert wird, und der Umwelt, in der am Phänotyp selektiert wird. Ein Vorteil des 'Immungedächtnisses' ist, dass es erlaubt, diese beiden Umweltbedingungen experimentell sauber zu trennen. Wir werden von dieser Eigenschaft Gebrauch machen, und in einer Reihe von Selektionsexperimenten mit alternierenden Versuchsanordnungen verschiedene Formen von Umweltfluktuationen nachstellen. Die experimentellen Resultate aus (2) und (3) werden durch populationsgenetische Modelle beschrieben. Diese dienen als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines allgemeinen theoretischen Rahmens für die Rolle von phänotypischer Plastizität für die schnelle genetische Divergenz und Artbildung.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme