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Timing nonverbaler Patient-Therapeut-Interaktionen und Therapieerfolg bei sozialen Phobien - „TimPaThIn“

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2015 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 272792856
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das DFG-Fortsetzungsprojekt untersuchte den Zusammenhang von vocal synchrony von Patient und Therapeut und Therapieerfolg bei der Behandlung sozialer Phobien. Von N = 64 Patient-Therapeut-Dyaden wurden bei 1 – 2 Therapievideos für jeden Sprechakt Grundfrequenz (F0), Variabilität der Grundfrequenz und Sprechrate von Patient und Therapeut bestimmt und in Anlehnung an Reich et al. (2014) zu Maßen der vocal synchrony verrechnet, z.B. wie stark die Grundfrequenz des Patienten für die Grundfrequenz des Therapeuten in nachfolgenden Sprechakten prädiktiv ist. Die Hypothese (H1), dass Selbstratings der sozialen Ängstlichkeit mit der Grundfrequenz, Variabilität der Grundfrequenz oder der Sprechrate der Patienten korrelierten konnte nicht bestätigt werden. Dies widerspricht den Studien von Galili, Amir, and Gilboa-Schechtman (2013); Scharfstein, Beidel, Sims, and Rendon Finnell (2011) (Heben der Grundfrequenz) und Laukka et al. (2008) (Verringerung der Variabilität der Grundfrequenz). Die Gründe für die Unterschiede zu den bisherigen Studien könnten durch das Setting zu Stande kommen. Auch die Hypothese (H3), dass movement synchrony und Maße der vocal synchrony assoziiert sind, konnte weder für die 3. Therapiesitzung, noch für die 29. Sitzung bestätigt werden. Dies legt nahe, dass vocal synchrony und movement synchrony unterschiedliche Effekte bei der Behandlung sozialer Angststörungen haben. Dementsprechend sollte das In-Sync Therapiemodell erweitert werden. Die Haupthypothese (H2), dass vocal synchrony in der Frühphase der Therapie den Therapieerfolg vorhersagen kann, konnte für mehrere Maße der vocal synchrony bestätigt werden. Wie bei Reich et al. (2014) war die vocal synchrony durchgängig ein negativer Prädiktor für soziale Ängste, soziale Vermeidung, Bindungsangst, Bindungsvermeidung sowie interpersonelle Probleme am Ende der Therapie. Am stärksten waren die Zusammenhänge zwischen vocal synchrony der Grundfrequenz mit Leading des Therapeuten und vocal synchrony der Variabilität der Grundfrequenz mit Leading des Therapeuten einerseits und den Bindungsangst und -vermeidung am Therapieende andererseits. Eine Anpassung des Patienten könnte eine fehlende Autonomie zu Beginn der Therapie bedeuten, die dann negativ auf das Therapieergebnis wirkt. Es fanden sich aber auch Zusammenhänge zwischen häufiger vocal synchrony mit Leading des Patienten und stärkeren interpersonellen Problemen und stärkerer Bindungsvermeidung am Ende der Therapie. Die Anpassung des Therapeuten an den Patienten könnte dem Patienten das Gefühl vermitteln, der Therapeut sei nicht durchsetzungsstark oder kompetent genug, was sich ebenfalls negativ auf den therapeutischen Prozess auswirkt. Ein Alleinstellungsmerkmal der vorliegenden Studie ist, dass für die Therapiesitzungen Messungen der movement synchrony (aus dem Projekt TIMPATHIN 1) und der vocal synchrony (aus dem Projekt TIMPATHIN 2) und darrüber hinaus Selbstratings der therapeutischen Beziehung vorliegen. Bei den Analysen erwiesen sich Effekte der vocal synchrony gegenüber Confoundereffekten der therapeutischen Allianz und der movement synchrony als robust (H4). Demnach sind vocal synchrony und therapeutische Allianz nicht zwei Facetten des gleichen Konstruktes, sondern unterschiedliche therapierelevante Konstrukte sind. Insgesamt bestätigen die Analysen die Vermutung, dass der Zusammenhang von nonverbaler Synchronisation und Therapieergebnis von der synchronisierten Verhaltensmodalität abhängt. Die Forschungsergebnisse sind für die Ausbildung von Psychotherapeuten anwendbar. Es sollte für nonverbale Kommunikation sensibilisiert werden. Weiterhin sollte zukünftige Forschung die Wirkung nonverbaler Kommunikation weiter in möglichst standardisierten Settings einer Patientengruppe untersuchen. Vor allem eine Verbindung zum therapeutischen Inhalt scheint der nächste Schritt in der Synchronisationsforschung zu sein, um valide klinische Implikationen ableiten zu können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Diagnostic features of nonverbal synchrony in psychotherapy: Comparing depression and anxiety. Cognitive Theory and Research, 2018, 42, 539-551
    Paulick, J., Rubel, J.,Deisenhofer, A.-K., Schwarz, B., Thielemann, D., Altmann, U., Boyle, K., Strauss, B., Lutz, W.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10608-018-9914-9)
  • Identification of movement synchrony: Validation of windowed cross-lagged correlation and –regression with peak-picking algorithm. Plos One, 14(2): e0211494
    Schönherr, D., Paulick, J., Strauss, B., Deisenhofer, A.-K., Schwartz, B., Rubel, J., Lutz, W., Stangier, U., Altmann, U.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0211494)
  • Movement synchrony and attachment related anxiety and avoidance in social anxiety disorder. Journal of Psychotherapy Integration, September 31(2), 163–179
    Schönherr, D., Strauss, B., Paulick, J., Deisenhofer, A.K., Schwartz, B., Rubel, J., Boyle, K., Lutz, W. Stangier, U. Altmann, U.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1037/int0000187)
  • Nonverbal synchrony predicts premature termination of psychotherapy for social anxiety disorder. Psychotherapy, 2019, 56, 503-514
    Schönherr, D., Paulick, J., Strauss, B., Deisenhofer, A.-K., Schwartz, B., Rubel, J., Lutz, W., Stangier, U., Altmann, U.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1037/pst0000216)
  • Nonverbale Korrelate depressiver Störungen: Eine Pilotstudie. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 2020, 49 (4), 231–240
    Altmann, U., Knitter, L.A., Meier, J., Brümmel. M., Strauß, B.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000602)
  • Patterns of early change in interpersonal problems and their relationship to nonverbal synchrony and multidimensional outcome. Journal of Counseling Psychology, 2020, 67, 449-461
    Lutz, W., Prinz, J., Schwartz, B., Paulick, J., Schoenherr, D., Deisenhofer, A.K., Terhüme, P., Boyle, K., Altmann, U., Strauss, B.M, Rafaeli, E., Atzil-Slonim, D., Bar-Kalife, E., Rubel, J.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1037/cou0000376)
  • Therapeuteneffekte bei der ambulanten Behandlung sozialer Ängste. Psychotherapeut, 2020, 65, 444-455
    Altmann, U., Schwartz, B., Schönherr, D., Rubel, J., Stangier, U., Lutz, W., Strauß, B.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00278-020-00453-7)
  • (2021). The influence of vocal synchrony on outcome and attachment anxiety/avoidance in treatments of social anxiety disorder. Psychotherapy, 2021, Vol. 58, No. 4, 510–522
    Schoenherr, D., Strauss, B., Stangier, U., Altmann, U.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1037/pst0000393)
  • Movement Behavior and Emotional Facial Expressions during the Adult Attachment Interview. Interaction effects of attachment and anxiety. Psychopathology, 2021, 54:47–58
    Altmann, U., Friemann, C., Frank, T.S., Sittler, M.C. Schönherr, D., Singh, S., Schurig, S., Strauss, B., Petrowski, K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1159/000512127)
  • Movement synchrony and facial synchrony as diagnostic features of depression: A pilot study. Journal of Nervous and mental Disease, 2021, 209: 128–136
    Altmann, U., Brümmel, M., Meijer, J., Strauss, B.
    (Siehe online unter https://psycnet.apa.org/doi/10.1097/NMD.0000000000001268)
 
 

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