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Beredte Tiere. Narrative Konfigurationen von Mensch-Tier-Beziehungen in der deutschsprachigen Tierliteratur des 14.-16. Jahrhunderts

Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 259169715
 
Das Projekt untersucht in drei Unterprojekten die Darstellung und Funktionalisierung von Tieren in der Tierdichtung (Fabel und Epos) sowie der wissensvermittelnden Literatur (Naturkunde) des 14.-16. Jahrhunderts. Diese Texte werden übergreifend als Tierliteratur behandelt, da in ihnen Tiere als mit Eigenschaften versehene Figuren beschrieben und (auf der Handlungs-, der Auslegungs- oder auf der Ebene der Wissensvermittlung) in ein Verhältnis zum Menschen gesetzt werden. In diesem Sinne reflektiert die Tierliteratur Mensch-Tier-Beziehungen, indem sie Menschen und Tiere miteinander konfrontiert und sie interagieren lässt. Tiere sind in diesen Texten nicht anthropomorph und auch nicht notwendigerweise sprachbegabt, aber in ihren Repräsentationen sprechen sie zum und vom Menschen, ohne dabei ihre "Tierheit", den Eigensinn ihrer jeweiligen Spezies, zu verlieren. Da sie somit stets auch als Akteure in Wissensprozeduren fungieren, soll untersucht werden, wie die Grenzziehung zwischen Mensch und Tier in den behandelten Texten durch das Tier kommuniziert und immer wieder neu hervorgebracht wird. Insbesondere die seit dem späten Mittelalter in großer Zahl entstehenden volkssprachigen Enzyklopädien, Fabelkorpora und Tierepen weisen einen produktiven Umgang mit den bisher weitgehend stabilen Darstellungstraditionen in Bezug auf Tiere auf. Indem sich die Tierliteratur vom pragmatischen Kontext der Schullektüre löst und in neuen Kontexten neue Wissensformationen bildet, entfaltet sie im Spannungsfeld von Wissen und Erzählen das imaginative Potential des beredten Tieres neu. Die enzyklopädische und die erzählende Literatur beschäftigen sich aus ganz unterschiedlichen Perspektiven mit der "Natur" der Tiere: Naturkundliche Texte distribuieren ein nach Eigenschaften organisiertes Wissen über Tiere, das in moralisierenden oder allegorisierenden Tiererzählungen wiederum in Bezug zum Menschen gesetzt wird. Umgekehrt beziehen die naturkundlichen Schriften ihr Wissen aus Erzählungen oder vermitteln es in narrativer Form. Das Wissen über Tiere und das Erzählen von Tieren bedingen einander im Sinne einer Wissenspoetik, die Wissen über Tiere nicht nur erzählerisch vermittelt, sondern in der Tierliteratur auch mit erzeugt. Die Untersuchung solcher Interferenzen verspricht Erkenntnisse über spezifische narrative Konfigurationen von Mensch-Tier-Beziehungen, die in der volkssprachigen Literatur im Übergang zur Frühen Neuzeit ein Tierwissen generieren, das im Kontext zeitgenössischer Differenzierungsprozesse von Literarisierung und Verwissenschaftlichung steht. Ziel des Projekts ist die Erarbeitung einer vormodernen Wissenspoetik vom Tier anhand dreier systematischer Fragestellungen: nach dem Verhältnis von Wissen und Erzählen (UP1), nach den Raumkonfigurationen, in denen Mensch-Tier-Beziehungen verhandelt werden (UP2) sowie nach den Inszenierungen von Kriegen zwischen Spezies (UP3).
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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