Lernen mit Animationen im Vergleich zu Standbildern: Extrahieren vs. Inferieren von Information über dynamische Zusammenhänge
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der Forschungsstand zum Lernen mit Animationen im Vergleich zu Standbildern ist uneinheitlich. Für das Projekt wurde ein eng definierter und kurzer Inhaltsbereich ausgewählt, für den die Animation einen klaren Informationsvorteil gegenüber einem Standbild aufweist. Dieser Informationsvorteil wird als notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für einen Lernvorteil der Animation betrachtet. Im Projekt wurde daher systematisch untersucht, ob es auch Bedingungen gibt unter denen die Animation zu keinem besseren oder sogar zu einem schlechteren Lernerfolg führt. Somit sollten die Befunde des Projekts dazu beitragen, den uneinheitlichen Forschungsstand weiter aufzuklären. In den Experimenten 1 bis 3 wurden solche Maßnahmen untersucht, die Lernenden der Standbildbedingung dabei helfen sollten den Informationsnachteil gegenüber der Animationsbedingung zu kompensieren. Zusätzlich wurde in den Experimenten 2 und 3 überprüft, ob diese Maßnahmen differenzierte Effekte auf den Testzeitpunkt haben. Die Maßnahmen der drei Experimente betrafen 1) das Beschreiben der Information im Text, die den Informationsvorteil der Animation gegenüber dem Standbild darstellt, 2) das Anregen zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den Inhalten, die den Informationsvorteil der Animation darstellen und 3) das Auffrischen relevanter Vorkenntnisse, die den Informationsvorteil der Animation betreffen. In allen drei Experimenten zeigte sich, dass Lernen mit Animationen im Vergleich zu Standbildern zu einem besseren Verständnis der Inhalte führte und das weder 1) die Textinformation, noch 2) das Anregen zu einer vertieften Auseinandersetzung noch 3) das Auffrischen relevanter Vorkenntnisse speziell Lernenden der Standbildbedingung dabei half den Informationsvorteil der Animation zu kompensieren. Vielmehr führte das Auffrischen von Vorkenntnissen für Lernende der Animationsbedingung zu einem schlechteren Verständnis, was im Einklang mit dem sogenannten Expertise- Reversal-Effekt steht. Die Maßnahmen aus den Experimenten 2 und 3 hatten keinen differenzierten Effekt auf den Messzeitpunkt. In Experimenten 1 bis 3 wurde ein sehr eng definierter und kurzer Inhaltsbereich verwendet. In ökologisch valideren Settings, wie dem Schulkontext, wird ein solcher Inhaltsbereich häufig mit weiterer zusätzlicher Information, die mit dem Inhalt assoziiert ist, vermittelt. Solche zusätzlichen Informationen können den Lernenden jedoch kognitiv überlasten, weshalb gerade in einem solchen Fall der Vorteil der verwendeten Animation noch stärker ausgeprägt sein sollte. Der Einfluss von solcher zusätzlicher Information wurde in Experiment 4 untersucht. Im Einklang mit den Erwartungen war der Vorteil von Animationen gegenüber dem Standbild noch stärker ausgeprägt, wenn zusätzliche Information dargeboten wurden, wobei die zusätzliche Information insgesamt lernhinderlich war. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass bei einem klaren Informationsvorteil einer Animation gegenüber einem Standbild dieser Informationsvorteil von Lernenden mit Standbildern nicht leicht durch instruktionale Maßnahmen kompensiert werden kann. Zudem kommt speziell in einem ökologisch valideren Setting, in dem zusätzliche Informationen vermittelt werden, dieser Vorteil einer gut gestalteten Animation noch stärker zum Tragen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2018). Text information and spatial abilities in learning with different visualization formats. Journal of Educational Psychology
Kühl, T., Stebner, F., Navratil, S. D., Fehringer, B. C. O. F., & Münzer, S.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1037/edu0000226)