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Zwischen der Enttabuisierung kindlicher Sexualität und der Entgrenzung von kindlicher und erwachsener Sexualität. Zur Rekonstruktion des Zusammenhangs von sexueller Liberalisierung, liberalisierter Erziehung, Pädophiliebewegung, Erziehungs- und Sozialwissenschaften der 1960er -1990er Jahre.
Antragstellerin
Professorin Dr. Meike Baader
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
Förderung
Förderung von 2014 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 257571150
Zentrale Fragen, die für die erste Förderperiode leitend waren, nämlich die nach der Involviertheit der Wissenschaften in pädophile Diskurspositionen und die nach der Verbindung zwischen Wissenschaften und Pädophiliebewegung, lassen sich nur durch die Analyse zusätzlicher Aspekte und in einem erweiterten Rahmen beantworten. Die Frage nach der Involviertheit der Wissenschaften erfordert eine Rekonstruktion der Verschiebung der Diskurse um Pädophilie hin zu solchen um sexuellen Missbrauch in den 1990er Jahren, die auch mit einer Fokussierung auf Verlagerungen innerhalb der Disziplinen verbunden ist. Insgesamt bedarf die Rekonstruktion der Pädophiliebewegung einer explizit transnationalen Perspektive. Deshalb sollen in der zweiten Förderperiode zwei Teilprojekte bearbeitet werden. Das erste widmet sich dem diskursiven Wandel von der Pädophilie zum sexuellen Missbrauch von 1984 bis 1999, das zweite den Debatten um Pädophilie und Missbrauch als transnationale Verflechtungsgeschichte, 1973-1999. Eine geschlechtergeschichtliche Dimension, die in fast allen neueren historischen Forschungen zu sexualisierter Gewalt ein Desiderat darstellt, wird, wie in der ersten Förderperiode, berücksichtigt. Methodisch kommen weiterhin diskursanalytische Zugänge, die sich bereits in der ersten Förderperiode bewährt haben, zur Anwendung. Die erste Förderperiode hat eine Reihe relevanter Ergebnisse für die Involviertheit der Wissenschaft mit sich gebracht, insbesondere zur Rolle der Sexualwissenschaft. Aber auch das Themenheft „Pädophilie – Verbrechen ohne Opfer“ der erziehungswissenschaftlichen Zeitschrift "betrifft: Erziehung" (4/1973) erwies sich als "diskursives Ereignis" und als Ausgangspunkt vielfacher transnationaler Bezugnahmen. Zu dieser transnationalen Verflechtung, vor allem zwischen Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien, finden sich vielfältige Hinweise in den Quellen. Neben der Rekonstruktion dieser Verbindungen und der genaueren Beschreibung der Gründe für den Wandel von der Pädophiliedebatte zur Diskussion um sexuellen Missbrauch werden Ergebnisse hinsichtlich der Veränderung von Gewaltkonzepten sowie bezüglich der Erklärungskraft des Liberalisierungsnarratives für die Thematik erwartet. Das Projekt verspricht erziehungs-, wissenschafts-, wissens-, geschlechter- und bewegungsgeschichtliche Ergebnisse hinsichtlich der Diskurse und Positionen zum Verhältnis von erwachsener und kindlicher Sexualität im ausgehenden letzten Jahrhundert.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen