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Sichtbarkeit, Maskierungsart, Wirkdauer und Aufgabe als Determinanten von Effekten maskierter Stimuli.

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 252287650
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Bewusstseinsforschung versucht die Funktion und die Notwendigkeit des bewussten subjektiven Erlebens von Stimuli oder Ereignissen zu verstehen. Eine Vielzahl von Studien hat inzwischen Evidenz dafür erbracht, dass Menschen in vielen Situationen erfolgreich Information verarbeiten können, die sie nicht bewusst erleben. Aktuelle Bewusstseinstheorien nehmen deshalb an, dass das Bewusstsein mit der Integration von Information in Zusammenhang steht. Diese Theorien sind konsistent mit dem Befund, dass die Verarbeitung von einfachen Merkmalen visueller Stimuli – wie Form und Farbe – keine bewusste Wahrnehmung dieser Merkmale benötigt. Eine tiefe Verarbeitung der Bedeutung visueller Stimuli dagegen, sollte von einer bewussten Wahrnehmung der Stimuli profitieren. Das steht im Einklang mit Studien, die eine Abhängigkeit der semantischen Verarbeitung visueller Stimuli von der bewussten Wahrnehmung gefunden haben. Eine genauere Analyse der beiden Gruppen von Studien – zum einen derjenigen, die Evidenz für eine bewusstseinsunabhängige Verarbeitung ergaben, und zum andern jener, die eine Abhängigkeit der Stimulusverarbeitung vom Bewusstsein zeigen – weist auf verschiedene Unterschiede in den Experimenten hin. In diesem Projekt wurden zwei wichtige Unterschiede untersucht, nämlich die Aufgabe (merkmalsbezogen, kategorial, oder semantisch) und die Art der Maskierung (Pattern‐Maskierung, Metakontrast‐Maskierung und Crowding). Vorherige Studien zu den Grenzen der semantischen Verarbeitung verwendeten häufig komplexe Stimuli wie Buchstaben, Wörter oder Gesichter. Diese Stimuli wurden häufig mit Pattern‐Masken maskiert, wobei oft vor und nach dem kritischen Stimulus eine Maske gezeigt worden ist (Sandwich‐Masken). Studien zur merkmalsbezogenen Stimulusverarbeitung verwendeten dagegen häufig einfachere Stimuli wie bestimmte Formen oder farbige Scheiben, die beispielsweise mit Metakontrast‐Masken mas‐ kiert werden können, welche nach dem kritischen Stimulus gezeigt werden. Der Maskierungsforschung zufolge, muss allerdings angenommen werden, dass diese verschiedenen Maskierungsverfahren auf unterschiedlichen Ebenen der visuellen Verarbeitung wirksam sind und deshalb auf unterschiedliche Weise zu einer Reduktion der Sichtbarkeit des kritischen Stimulus führen. Pattern‐Maskierung sollte früher wirksam sein als Metakontrast‐Maskierung, und Crowding sollte auf noch späteren Stufen wirken. Von daher könnte die frühe Störung der Ver‐ arbeitung des kritischen Stimulus durch Pattern‐Masken dazu führen, dass nicht nur die Sichtbarkeit reduziert wird, sondern auch spätere semantische Verarbeitungsprozesse. Dagegen sollte eine spätere Störung der Verarbeitung des kritischen Stimulus durch Metakontrast Maskierung oder Crowding die Möglichkeit eröffnen, dass die Stimuli bis zu der Ebene verarbeitet werden können, auf welcher die Störung auftritt. Bei diesen Maskierungsarten sollte deshalb eine tiefere Verarbeitung der maskierten Stimuli auftreten können, die unabhängig von der Sichtbarkeit der effektiven Stimuli bleibt. In einer ersten Reihe von Experimenten wurde die Sichtbarkeit von grünen und roten Ziffern und Buchstaben mit Pattern‐Masken, Metakontrast‐Masken und durch Crowding experimentell variiert. Dadurch wurden diese als „Primes“ verwendeten Stimuli gut, mittel oder schlecht sichtbar. Kurz nach der Darbietung der Primes wurden gut sichtbare Zielreize gezeigt, auf die die Probanden mit einer schnellen Wahlreaktion reagieren sollten. Die Zielreize waren andere Ziffern und Buchstaben in rot oder grün und zwei Gruppen von Probanden sollten ent‐ weder auf deren Farbe oder ihre Bedeutung (Ziffer oder Buchstabe) reagieren. In beiden Aufgaben waren die Reaktionen schneller und korrekter, wenn zuvor ein Prime mit derselben Farbe oder aus derselben Kategorie (kongruent) gezeigt worden ist, statt ein Prime der anderen Farbe oder Kategorie (inkongruent). Die Effekte nahmen mit zunehmender Stimulus‐Onset‐Asynchronie zwischen Prime und Zielreiz zu. Außerdem waren diese Effekte unabhängig von der Sichtbarkeit der Primes bei Metakontrast‐Maskierung und bei Crowding. Bei Pattern‐Masken, die als Sandwich‐Masken vor und nach dem Prime gezeigt wurden, nahmen die Effekte jedoch mit der Sichtbarkeit zu. Das deutet darauf hin, dass die Maskierungsart mit darüber entscheidet, ob die Verarbeitung eines Stimulus vom Bewusstsein des Stimulus abhängt, aber nicht die Aufgabe. In weiteren Experimenten wurden Buchstabenfolgen oder Worte mit Metakontrast‐, Pattern‐Masken oder Crowding maskiert und die Probanden sollten entweder die Farbe der Stimuli angeben, oder sie sollten in einer Lexikalischen Entscheidungsaufgabe angeben, ob eine Buchstabenfolge ein Wort ist oder nicht. In diesen Experimenten zeigte sich, dass die Leistung der Probanden besser ist, wenn Zielreiz und Prime dieselbe Farbe haben, oder wenn sie semantisch relatiert sind. Diese Effekte der Primes traten bei allen Maskierungsarten auf – auch bei Pattern‐Masken, die in diesem Experiment allerdings ohne Vormasken präsentiert worden sind. In einer zusätzlichen Studie wurde die Rolle der Vormasken näher untersucht. Die Probanden sollten auf pfeilförmige Zielreize schnell reagieren. Als Primes wurden vor den sichtbaren Zielreizen kleinere Pfeile gezeigt, die in dieselbe (kongruent) oder die andere Richtung (inkon‐ gruent) zeigten. Die Probanden reagierten schneller und korrekter, wenn Prime und Zielreiz kongruent statt inkongruent waren. Diese Priming‐Effekte waren umso geringer, je stärker die Vormasken waren, die unmittelbar vor den Primes präsentiert wurden. Diese Vormasken‐Effekte traten bei Metakontrast‐ und Pattern‐Maskierung auf. Zusammengenommen weisen diese Ergebnisse darauf hin, dass die Art der Maskierung einen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen dem Bewusstsein visueller Stimuli und ihrer Verarbeitung hat. Dabei scheint die Stärke von Vormasken eine wichtigere Rolle zu spielen, als die Art der Maskierung oder die Verarbeitungstiefe.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2016, August). Metacontrast masking applied to lexical stimuli. 38. European Conference on Vision Perception (ECVP), Barcelona, Spanien
    Becker, N. & Mattler, U.
  • (2017, August). Priming of color and categorical information is independent from prime visibility in crowding. 40th European Conference on Visual Perception (ECVP), Berlin, Germany
    Sommerfeld, A. & Mattler U.
  • (2017, June). Priming of color and categorical information is in‐ dependent from prime visibility in crowding. 21th annual meeting of the Association for the Scientific Study of Consciousness (ASSC), Beijing, China
    Sommerfeld, A. & Mattler U.
  • (2017, June). Severely reduced priming effects when forward masks precede backward masking. 21th annual meeting of the Association for the Scientific Study of Consciousness (ASSC), Beijing, China
    Becker, N. & Mattler U.
  • (2018). Interferences of Visual Masks with Semantic and Perceptual Priming Effects (Doctoral dissertation,Göttingen)
    Becker, N.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.53846/goediss-6986)
  • (2019). Action priming suppression by forward masks. Journal of Vision, 19 (5):10, 1‐16
    Becker, N. & Mattler, U.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1167/19.5.10)
  • (2019). Masking procedures can influence priming effects besides their effects on conscious perception. Consciousness and Cognition, 71, 92–108
    Wernicke, M. & Mattler, U.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.concog.2019.03.009)
 
 

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