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Erwerbstätigkeit im Rentenalter? Instrumente zur Verbesserung der Beschäftigungschancen jenseits der Altersgrenze, Anregungen aus der schwedischen und finnischen Praxis

Fachliche Zuordnung Privatrecht
Förderung Förderung von 2014 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 249919859
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die seit Jahren vergleichsweise hohe Erwerbsbeteiligungsquote rentenberechtigter Arbeitnehmer in den nordischen Vergleichsländem ist kein Zufall, sondern das Ergebnis gezielter Koordinierung von arbeits- und sozialrechtlicher Gesetzgebung mit tarifvertraglicher Ausgestaltung. Auch wenn die Diskussion in Finnland und Schweden klar belegt, dass weiterer Verbesserungsbedarf gesehen wird, ist bereits viel erreicht worden. Entscheidend für die Steuerungswirkung des Arbeitsrechts ist, dass die Flexibilisierung bei Arbeitsverhältnissen jenseits der Regelaltersgrenze effektiv und spürbar beiden Vertragsparteien zugutekommt. Das nordische Modell schlägt vor, dies durch zeitversetzte Verteilung des Bestimmungsrechts zu lösen: während der ersten beiden Jahre nach Erreichen der (früheren) Regelaltersgrenze ist es allein Entscheidung der Beschäftigten, ob sie ihr bestehendes Arbeitsverhältnis unverändert fortsetzen wollen oder nicht. Erst im daran anschließenden Zeitabschnitt stehen die Planungsinteressen der Arbeitgeber im Vordergrund, die durch eine frei gestaltbare Befristungsoption Rentnerarbeitsverhältnisse rechtssicher beenden können. Eine weitere Anreizwirkung kommt jedoch dem Gelingen einer Koordinierung mit den rentenrechtlichen Bestimmungen zu. Ob Beschäftigte trotz bestehender Austrittsoption an einer Weiterarbeit interessiert sind, ist stark abhängig davon, dass sich diese Entscheidung für die spätere Rentenhöhe positiv auswirkt. Hier eine überproportionale Steigerungsrate vorzusehen, hat sich als besonders effektiv erwiesen. Die Kombination mit betrieblichen oder privaten Sicherungssystemen ist für die Gesamtabsicherung interessant, doch kommt es für ihre Effektivität auf eine Abstimmung der Rahmenbedingungen mit den gesetzlichen Systemen an: Fördern die betrieblichen/ privaten Rentensysteme die frühzeitige Inanspruchnahme, schließen sie eine Weiterarbeit parallel zur Inanspruchnahme aus oder verhindern sie das Erwerben weiterer Ansprüche bei fortgesetzter Erwerbsarbeit, können sie die Anreizwirkungen der gesetzlichen Systeme aushebeln. Für die praktische Verwirklichung längerer Lebensarbeilszeiten ist die kollektivrechtliche Gestaltung des einzelnen Arbeitsverhältnisses wichtig. Tarifverträge können den betrieblichen Rahmen dafür schaffen, dass länger dauernde Beschäftigungsverhältnisse für Unternehmen und Arbeitnehmer attraktiv werden. Dazu gehören langfristige Weiterbildungsstrategien, die schon frühzeitig einsetzen, um das Qualifikationsniveau auch der älteren Beschäftigten aktuell zu halten. Weiter sind Gesundheitsförderprogramme attraktiv, die frühzeitigem Verschleiß Vorbeugen und passgenau auf die konkreten Anforderungen in Betrieben und Abteilungen zugeschnitten werden. Dazu gehört weiter die Regelung besonderer Teilzeitmodelle für Ältere, die nicht zu deren früherem Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess ermuntern, sondern eine längere Beschäftigungsgesamtdauer mit einer kürzeren Wochen- oder Jahresarbeitszeit kombinieren. Dies erlaubt die Beschäftigung von „Tandems'' auf dafür geeigneten Arbeitsplätzen, die einen pensionierungsbedingten Verlust von arbeitsplatzspezifischem Knowhow weitestgehend vermeiden. Die Untersuchung der nordischen Länder zeigt, dass nicht mit einer zentralen Maßnahme eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Rentenberechtigter erreicht werden kann. Erforderlich ist eine Vielzahl parallel laufender, inhaltlich koordinierter Maßnahmen, die ggf. auch korrigiert werden müssen, wenn sie praktische Fehlanreize zur Folge haben. Dass mit einer Kombination von gesetzlichen und tariflichen Regeln im Arbeits- und Sozialrecht aber tatsächlich Erfolge erreichbar sind, hat der Rechtsvergleich gezeigt. Dank vielfach paralleler wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen ist eine Übertragbarkeit auf Deutschland möglich und sogar naheliegend.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 1999/70/EC: Fixed Term Contracts, in: Monika Schlachter (Hrsg.), EU Labour Law: A Commentary, Wolters Kluwer Law & Business 2015, S. 221-248
    Monika Schlachter
  • Age Discrimination and Labour Law in Germany, in: Ann Numhauser-Henning/Mia Rönmar (Hrsg.), Age Discrimination and Labour Law: Comparative and Conceptual Perspectives in the EU and Beyond, Wolters Kluwer Law & Business 2015, S. 207-221
    Monika Schlachter
  • Altersdiskriminierung bei Ausschluss einer Abfindungszahlung an Studierende/Schüler, Anmerkung zu EuGH vom 01.10.2015, C-432/14, Arbeit und Recht (AuR) 2016, S. 243-246
    Maike Weber
  • Arbeiten jenseits der Altersgrenze: Die Rechtslage in Finnland, Europäische Zeitschrift für Arbeitsrecht (EuZA) 2016, S. 283-302
    Monika Schlachter, Agne Vaitkeviciute
  • (2017) The prohibition of age discrimination in the labour market - the case study of Finland in the context of European Union, Zeitschrift für ausländisches und internationales Arbeits- und Sozialrecht (ZIAS) 17 (1) 9-37
    Agne Vaitkeviciute
  • Reasonable Accommodtion for continued Employment of older Workers, Festskrift till Ann Numhauser-Henning (Lund, Schweden), Juristförlaget i Lund, 2017, S. 737-750
    Monika Schlachter
 
 

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