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Konversationsstrategien im Acholi

Fachliche Zuordnung Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Afrika-, Amerika- und Ozeanienbezogene Wissenschaften
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 248985744
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der vorliegende Bericht hat gezeigt, dass die Gesprächsstrategien in der westnilotischen Sprache Acholi auf verschiedenen Ebenen funktionieren: Strukturelle Interaktionsorganisation ist genau wie soziopragmatische Strategien und nonverbales Verhalten eine Ressource für Konversationsstrategien. Die Strategien dieser Ebenen werden häufig kombiniert. Um zu dem Analyseergebnis zu kommen wurden die Gesprächsstrategien der Acholisprecher anhand von Audio- und Videoaufnahmen verschiedener, möglichst natürlicher Gesprächsvorkommnisse dokumentiert und annotiert. Zudem wurden Interviews geführt und Daten, die einen Einblick in die Perspektive und Gesprächswahrnehmung der Sprecher selbst geben sollten, in Fragebögen erhoben. Besonders Einblicke in die Empfindungen und Einschätzungen der Acholisprecher selbst haben gezeigt, dass die Wichtigkeit der Reaktion von Gesprächspartnern für die emische Evaluation einer Konversation durch die Sprecher nicht zu unterschätzen ist. Solidarisierende und distanzierende Strategien beruhen stets auf zwei Komponenten der Interaktion: 1) der Aktion der Sprecher und der Evaluierung dieser durch den Rezipienten, aber auch auf 2) der Aktion der Sprecher und der Evaluierung der Reaktion des/der Rezipienten durch den Sprecher selbst. Des Weiteren zeigen die Daten, dass Körpersprache (und körpersprachliche Rituale) eine große Rolle in der Wahrnehmung der Gesprächsteilnehmer spielen. Grammatisch werden bei Speech Acts (auch und vor allem gegenüber Kindern) viele direkte Strategien angewendet (z.B. Imperative). Auf pragmatischer Ebene geben unter anderem sehr frequentiert verwendete Attitude-Marker Aufschluss über Tendenzen im Gesprächsverlauf. Wiederholungen bieten ein prägnantes Beispiel der Ebenen-übergreifenden Strategien. Sie dienen zum Beispiel zur sprachlichen Organisation in Sequenzen, als auch als Emphase und Evidentialität (Aktion) sowie Empathie und Rückversicherung des Verständnisses des Gesagten (Reaktion). Sich wiederholende Gestik kann hierbei ein Indikator dafür sein, auf welchem der genannten Level die sprachliche Wiederholung im konkreten Fall fungiert. Im Rahmen der Erforschung des urbanen Acholi in Gulu wurde mit einem Kollegen auch die Jugendsprachenvarietät untersucht, wobei weitere Studien folgen sollen. Die Sammlung der natürlichen Sprachdaten hat Gelegenheit zum Erstellen eines lexikalischen Korpus gegeben, der wiederum zukünftig als Basis für ein linguistisch korrektes, aktuelles und an Konversationen orientiertes Wörterbuch des Acholi dienen kann.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2016. Ethno-Regional Ideologies and Linguistic Manipulation in the Creation of the Youth Language Leb Pa Bulu, Critical Multilingualism Studies 4.2:174-208. ISSN 2325-2871
    Rüsch, Maren & Nico Nassenstein
  • (2020): Conversation Analysis. In: Rainer Vossen, Gerrit J. Dimmendaal und Maren Rüsch (Hg.): The Oxford Handbook of African Languages: Oxford University Press, S. 764–779
    Rüsch, Maren
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/oxfordhb/9780199609895.013.79)
  • Conversational Strategies in Acholi. Dissertation, Universität zu Köln, 2018. Leiden: Brill, 2021. XVII, 357 S.
    Rüsch, Maren
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1163/9789004437593)
 
 

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