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Rekonstruktion von pCO2 im Pleistozän/Holozän und mittleren Miozän mithilfe von neuen potenziellen Proxies für das Karbonatsystem

Antragsteller Dr. Markus Raitzsch
Fachliche Zuordnung Mineralogie, Petrologie und Geochemie
Förderung Förderung von 2014 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 247944087
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ursprüngliches Ziel des Projekts war, einen Proxy für einen zusätzlichen Karbonatparameter neben pH, der durch die Borisotopie in kalkbildenden marinen Organismen bestimmt werden kann, zu finden, um das komplette Karbonatsystem und somit pCO2 zu rekonstruieren. Zum einen bestand die Möglichkeit, aus B/Ca in Foraminiferen [HCO3‒] abzuschätzen, und zum anderen aus der Differenz der Sauerstoffisotope zwischen Dinoflagellaten und Foraminiferen [CO32‒] zu bestimmen. Leider haben sich beide potentielle Proxys mit dem heutigen Wissensstand als nicht praktikabel herausgestellt, da B/Ca vermutlich von weiteren Faktoren wie Salinität und Kalzifizierungsrate beeinflusst wird und die Separationsmethode für Dinoflagellaten wahrscheinlich nicht effektiv genug ist, um die Schalen für die Analyse von anderen Komponenten zu trennen. Dennoch boten sich andere vielversprechende Möglichkeiten, die vorhandenen Sedimentproben auf bestimmte Fragestellungen hin zu untersuchen. Im ersten Teil untersuchte ich den Einfluss der saisonalen Schwankungen im Vorkommen verschiedener Foraminiferenarten auf die Borisotopie der Schalen, die maßgeblich von pH abhängt. Da auch die Karbonatchemie des Oberflächenwassers saisonalen Schwankungen unterliegt, liegt es nahe, dass der pH-Proxy ein saisonales Signal widerspiegelt. An einem Sedimentkern aus dem südöstlichen Atlantik können wir tatsächlich nachweisen, dass verschiedene Foraminiferenarten, die bevorzugt zu unterschiedlichen Jahreszeiten gelebt haben, verschiedene pH und somit pCO2 aufgezeichnet haben. Diese Ungleichgewichte zwischen pCO2 im Oberflächenwasser und der Atmosphäre können auf die saisonalen Schwankungen der Temperatur zurückgeführt werden. Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung für die Interpretation von Borisotopen-Daten aus planktischen Foraminiferen. Zum einen legen sie nahe, dass für die Rekonstruktion von jahresdurchschnittlichem pCO2 Kerne aus niederen Breiten nahe des Äquators verwendet werden sollten, wo saisonale Schwankungen in der Temperatur minimal sind. Zum anderen können Multspezies-Untersuchungen wie die unsere dazu verwendet werden, um saisonale Kontraste im pCO2 des Oberflächenwassers zu rekonstruieren. Im zweiten Teil des Projekts untersuchte ich die pCO2-Entwicklung im mittleren Miozän, welches durch eine drastische Zunahme des antarktischen Eisschildes sowie durch enorme Veränderungen im globalen Kohlenstoffkreislauf gekennzeichnet ist. Mit unserer Rekonstruktion zeigen wir, dass pCO2 während der Vereisungsphase rapide um ca. 80 ppm anstieg und für 350,000 Jahre auf einem höheren Niveau lag als vor der Vereisung, bevor die Werte wieder auf ein niedriges Level zurückfielen. Dieser vorübergehende Anstieg verläuft parallel zum prominenten Kohlenstoffisotopen-Maximum CM6. Unsere Ergebnisse widersprechen der Hypothese, dass vermehrte Einlagerung von organischem Kohlenstoff den vorübergehenden Anstieg der globalen Kohlenstoffisotopie im Meerwasser verursacht hat, da bei diesem Prozess pCO2 gesunken wäre. Wir postulieren stattdessen, dass entweder vermehrt organischer Kohlenstoff auf den durch den Meeresspiegelabfall freigelegten Schelfen oxidiert wurde, oder durch glaziale Erosion und Verwitterung von Sulfiden und Karbonaten CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wurde. Insgesamt ist unser pCO2-Record dennoch im ungefährem Einklang mit vorhandenen Rekonstruktionen, die jedoch von unterschiedlicher Auflösung und Umfang sind, und bietet das erste detaillierte Bild vor, während und nach der Vereisung der Antarktis im mittleren Miozän. Unsere Ergebnisse veranschaulichen wie die Vereisung kontinentalen Ausmaßes die Verwitterung von Karbonaten und Sulfiden begünstigen und somit ein negatives Feedback darstellen kann, was eine weitere globale Abkühlung und eine ausufernde Vereisungsphase bremst oder gar verhindert. Wir sind zuversichtlich, dass sich die Borisotopie in Foraminiferen in Zukunft zu einem Standard-Werkzeug in der Paläoklimatologie und –ozeanographie entwickeln wird und die einzelnen Records zu hochaufgelösten „Stacks“, ähnlich wie die der Sauerstoff- und Kohlenstoffisotope, zusammengeführt werden, um globale Änderungen im pCO2 über die Erdgeschichte des Känozoikums zu erfassen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2018): Boron isotope-based seasonal paleo-pH reconstruction for the Southeast Atlantic – A Multispecies approach using habitat preference of planktonic foraminifera. – Earth and Planetary Science Letters, 487: 138-150
    Raitzsch, M; Bijma, J., Benthien, A., Richter, K.-U., Steinhoefel, G., and Kučera, M.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.epsl.2018.02.002)
 
 

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