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Einfluss des coping-Typs auf Verhaltensflexibilität und Stressreaktivität von Zwergziegen im Kontext von Lernversuchen

Antragstellerin Dr. Susann Oesterwind
Fachliche Zuordnung Tierzucht, Tierernährung, Tierhaltung
Förderung Förderung von 2013 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 247526520
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In der Auseinandersetzung mit der Umwelt werden zunehmend stabile tierindividuelle Unterschiede in sowohl verhaltens‐ als auch physiologischen Reaktionsmustern postuliert. Diese mit dem Begriff Coping oder genereller als Personality bezeichneten konsistenten, zeit‐ und situationsübergreifenden tierindividuellen Reaktionstypen waren daher der wissenschaftliche Ansatz des vorliegenden Projektes. Ziel war es, bei Zwergziegen ― anhand von geeigneten Verhaltenstests ― Vertreter der verschiedenen Reak onstypen erstens, zuverlässig zu bestimmen und zweitens, die Beziehung zu anderen Verhaltenskontexten sowie physiologischen Reaktionen zu analysieren. Wir konnten zunächst einen konzeptionellen Definitionsrahmen entwickeln, der den Begriff Personality wissenschaftlich beschreibt und einordnet sowie in den Kontext mit ähnlich verwendeten Begriffen wie Coping oder Temperament setzt und deshalb als theoretischer und methodischer Ausgangspunkt im Projekt verwendet wurde. Wir konnten nachweisen, dass das Verhalten von insgesamt 108 Zwergziegen in wiederholten, standardisierten Testsituationen (Open‐Field, Novel‐Object) bei 61% der Tiere konsistent war. Als individuell übereinstimmende Persönlichkeitsfaktoren ließen sich „Furchtlosigkeit“ und „Aktivität“ mittels Hauptkomponentenanalyse ermitteln. Ein allerdings nur vergleichsweise kleiner Teil der Tiere (20,4%) konnte den postulierten Extremtypen „proaktiv“ oder „reaktiv“ zugeordnet werden. Tiere, die als aktiv klassifiziert worden waren, waren auch aktiver im sozialen Separationstest. „Aktivität“ korrelierte zudem mit Parametern der Herzfrequenzvariabilität (Standardabweichung der R‐R Intervalle, SDNN) und der Gewichtszunahme. Dagegen konnten keine Beziehungen zum Dominanzstatus gefunden werden. Die Lernleistung der Tiere bei einer visuellen Diskriminierungsaufgabe war negativ mit der Lernleistung beim Umkehrlernen und beim räumlichen Lernen korreliert. Ziegen mit einem stabilen Personality‐Typ zeigten beim visuellen Diskriminierungslernen der Originalaufgabe einen Zusammenhang zwischen „Furchtlosigkeit“ und der benötigten Anzahl an Versuchen um das Lernkriterium zu erreichen. Für den Faktor „Aktivität“ konnte ein ähnlicher Zusammenhang beim visuellen Umkehrlernen sowie eine negative Korrelation zur benötigten Versuchsanzahl beim räumlichen Lernen nachgewiesen werden. Es lässt sich schlussfolgern, dass proaktive (und somit furchtlose und aktive) Tiere schnell Routinen bilden, d.h. sie scheinen neue Aufgaben schneller zu erlernen, haben aber Schwierigkeiten gelernte Muster abzulegen und umzulernen. Es zeigte sich aber auch, dass furchtlose Tiere überraschenderweise mehr Versuche benötigen, um eine Lernaufgabe neu zu erlernen. Mit der vorliegenden Studie konnte erstmals bei Ziegen gezeigt werden, dass individuelle Unterschiede, die den Personality‐Typ charakterisieren, konsistent über die Zeit sind und dass es über verschiedene Kontexte hinweg Beziehungen zu weiteren Verhaltens‐, aber auch physiologischen Parametern gibt. Insbesondere konnten wir erste Zusammenhänge des Personality‐Typs zum Lernverhalten der Tiere nachweisen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Faktoren aus dem Bereich Personality zunehmend Beachtung bei der Gestaltung von Haltungsumwelten und dem Management der Tiere finden sollten, da sie biologische Reaktionen der Tiere und damit Tierschutz und Wohlbefinden beeinflussen können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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