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Kognitive Wissensstrukturen bei der Wahrnehmung von Szenen - Behaviorale and Neuronale Korrelate Semantischer und Syntaktischer Verarbeitung von Szenen
Antragstellerin
Professorin Dr. Melissa Le-Hoa Vo
Fachliche Zuordnung
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung
Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 242736900
Wenn wir uns umsehen, erscheint unsere visuelle Umwelt zwar komplex, obgleich ihr Aufbau ganz bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgt. Zum Beispiel benötigen die meisten Objekte eine horizontale Fläche, auf der sie ruhen und zwei Objekte können kaum gleichzeitig am selben Ort koexistieren. Über solch grundlegendes Wissen bezüglich physikalischer Objekteigenschaften hinaus scheinen wir sehr detaillierte Vorstellungen darüberzu haben, welche Objekte üblicherweise an welchem Ort innerhalb einer bestimmten Szene zu finden sind. Das Ziel dieses Antrages ist daher zu untersuchen, inwiefern bestimmte kognitive Wissensstrukturen und Erwartungen bezüglich Objekten in Szenen es uns ermöglichen, sowohl Aufmerksamkeit als auch Handlungen beim Verarbeiten von natürlichen Szenen effizient zu steuern.Das Forschungsvorhaben hat drei Hauptziele: Zunächst sollen die Gesetzmäßigkeiten, die den Aufbau von Szenen bestimmen, identifiziert und dann nutzbar gemacht werden. Zu diesem Zweck werden wir umfassende Analysen von Bildstatistiken durchführen, um daraus ein „Real-World Lexicon“ zu erstellen — eine leicht zugreifbare Datenbank, die Informationen zu Auftretenshäufigkeiten und typischen Standorten von Objekten innerhalb und über Szenen hinweg beinhaltet. Zusätzlich werden wir einen für experimentelles Arbeiten geeigneten Korpus von hochgradig kontrolliertem Bildmaterial erstellen. Das zweite Ziel des Programms beschäftigt sich mit der Entwicklung von Szenenwissen. Ähnlich wie die Grammatik bei der Sprachverarbeitung, die es uns ermöglicht eine unbegrenzte Anzahl von unbekannten, neuen Sätzen zu verstehen, scheinen wir eine „Szenengrammatik“ zu besitzen, die uns auch in unbekannten, neuen Umgebungen leitet und orientiert. Durch die Untersuchung des Erlernens von künstlichen Regeln in Erwachsenen und der Entwicklung von Szenenwissen in Säuglingen und Kleinkindern, wollen wir ein besseres Verständnis von der Entwicklung von Szenenwissen über die Zeit hinweg ermöglichen. Die Entstehung von regelgeleiteten Erwartungen wird hierbei mit Hilfe einer Kombination von Psychophysik, Blickbewegungs- und Hirnpotentialmessungen erfasst. Das dritte Ziel des Forschungsprogramms umfasst die Nutzung von Szenenwissen während der aktiven Exploration von realen, 3D Umwelten. Dazu werden Versuchspersonen nach Objekten suchen, mit diesen interagieren und dabei einen mobilen Eyetracker wie eine Brille tragen. Dies erlaubt uns zu testen, was genau visuelle Suche leitet, wenn diese nicht auf zweidimensionalen Bildschirmen, sondern in echten, dreidimensionalen Umgebungen stattfindet, welche aktive Körperbewegungen voraussetzen.Darüber hinaus wird ein wichtiger Teil des Arbeitsprogramms die Evaluation, Weiterentwicklung und Nutzung von neuen Messmethoden beinhalten, wie zum Beispiel die Koregistrierung von Blickbewegungen und Hirnpotentialen, um damit sogenannte „fixation-related potentials (FRPs)“ messen zu können. Insbesondere beim Betrachten von Szenen wird die online Messung von Hirnpotentialen als Reaktion auf den momentanen visuellen Input des Betrachters es ermöglichen, die kognitiven Prozesse einer jeden Person besser in Relation zu setzen zu dem jeweiligen visuellen Input dieser Person. Das Ergebnis dieses Arbeitsprogramms hat großes Potential für Anwendungen innerhalb und außerhalb der Wissenschaft, von kognitiv geleiteten technischen Systemen bis hin zur Früherkennung von Entwicklungsstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern.
DFG-Verfahren
Emmy Noether-Nachwuchsgruppen