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Nachweis des Vorliegens von Tumorzellen mit Stammzelleigenschaften in Leukoplakien der Mundhöhle

Antragstellerinnen / Antragsteller Professor Dr. Emeka Nkenke; Dr. Jutta Ries
Fachliche Zuordnung Zahnheilkunde; Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Förderung Förderung von 2013 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 237290448
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Stammzellhypothese wurde bisher als hierarchisches unidirektionales Modell beschrieben. Dabei sollen nur vorhandene Tumorstammzellen (CSC) die Fähigkeit besitzen sich selbst zu erneuern und undifferenzierte Tumorzellen zu bilden, die nach einer kurzen Proliferationsphase ausdifferenzieren und die Tumormasse bilden. Heute wird diskutiert, dass solche Zellen auch durch eine Reprogrammierung / Dedifferenzierung von bereits differenzierten aber stark proliferierenden Tumorzellen abstammen können. Die maligne Transformation von Leukoplakien (LP) ist gekennzeichnet durch eine fortschreitende Dedifferenzierung des Epithelgewebes, die sich histologisch in einem Anstieg der Dysplasie im Epithel manifestiert. Diese Dedifferenzierung spricht für die Existenz von pluripotenten Zellen, die als CSC für die Ausbildung des Tumors verantwortlich sein könnten. Gesteuert werden die Dedifferenzierung und die Ausbildung von Stammzelleigenschaften über Transkriptionsfaktoren wie Sox2 und Oct-4. Auch sollen Adhäsionsproteine, wie CD44 beteiligt sein. Es wird postuliert, dass in LP, die maligne entarten, vermehrt Zellen mit Stammzelleigenschaften vorliegen, die über diese Stammzellmarker nachgewiesen werden können. Da die Expression der Stammzellgene, wie die Expression der MAGE-A über den Methylierungsgrad der DNA reguliert wird, ist anzunehmen, dass diese Gene in vielen Krebsvorläuferzellen koexprimiert werden. Dies unterstützt die These, dass durch Immuntherapien, deren Angriffspunkt Proteine dieser Effektorzellen sind, auch die bereits in der LP vorliegenden Stammzellen eliminiert werden und somit ein Ansatz für eine innovative Behandlungsmethode schon in Vorläuferstadien und frühen Stadien der Erkrankung geschaffen werden könnte. Ziel war es zu prüfen, ob in LP der Mundhöhle und des Pharynx vermehrt Zellen mit Stammzelleigenschaften nachweisbar sind und ob deren erhöhte Anzahl mit der Progression, der malignen Transformation oder einer erhöhten Expression von MAGE-A korreliert ist. Dazu wurde in 4 Gruppen eines historischen Patientenkollektivs (n = 360; Gruppe 1: progressive LP, Gruppe 2: stagnierende LP, Gruppe 3: korrespondierende Tumore (PEC) der Gruppe 1, gesunde Mundschleimhaut (Gruppe 4)) mittels der IHC und der RT-qPCR die Expression der Gene Oct-3/4, Sox2, CD44 und MAGE-A analysiert und die Expressionsraten zwischen den Gruppen verglichen. Das Signifikanznivau p wurde < 0,05 festgelegt Eine Expression von Oct-3/4 konnte in gesunder Mundschleimhaut nicht nachgewiesen werden. Nur 4,5% der Tumore exprimierten den Transkriptionsfaktor, wobei dessen Funktionalität wegen der Lokalisation der positiven Zellen in ausdifferenzierten Anteilen des Tumorgewebes oder im Gewebestroma fraglich ist. In 3,5% der Proben in Gruppe 1 und 0,9% der Gruppe 2 konnten positive Zellen in der Basalschicht nachgewiesen werden. Obwohl in dieser Zellschicht Stammzellen generell auftreten, scheint auf Grund der geringen Anzahl der positiven LP Oct-3/4 bei der malignen Transformation von LP und für die Funktion von Stammzellen beim PEC keine oder nur in seltenen Fällen eine Rolle zu spielen. Das Auftreten der MAGE-A Expression ist statistisch signifikant mit der malignen Transformation korreliert und in Gruppe 1 unabhängig vom Dysplasiegrad. Es gab keinen signifikanten Unterschied in den Expressionsraten der Antigene zwischen den zwei vergleichbar großen Kollektiven aus Halle und Erlangen (p = 0.15). Die Ergebnisse bestätigten die früheren Untersuchungen, dass auch Leukoplakien mit niedrigem Dysplasiegrad, die ein hohes Risiko zur malignen Entartung bergen, identifiziert werden können. Die Bedeutung der MAGE-A als prognostischen Marker für LP wird durch die Gültigkeit der Ergebnisse in zwei klinischen Zentren unterstrichen und sollte nun durch prospektive, multizentrische Studien weiter untermauert werden. Eine signifikant erhöhte Expression von Sox2 konnte in Gruppe 4 und in den LP (Gruppe 1 & 2) gegenüber den Tumoren (Gruppe 3) nachgewiesen werden. Allerdings war die Expression von Sox2 in Gruppe 1 gegenüber Gruppe 2 nicht signifikant verändert. Somit könnte die Analyse der Sox2-Expression zur Unterscheidung zwischen gesundem Gewebe, dysplastischen Gewebeveränderungen und Tumoren dienen, lässt aber eine Einschätzung des Risikos zur Ausbildung eines Tumors auf einer bestehenden Leukoplakie nicht zu. Die Expression von CD44 war in Gruppe 1 gegenüber derjenigen in Gruppe 2 signifikant erhöht. Eine signifikant erhöhte Expression wurde auch zwischen den Gruppen 3 und 2 nachgewiesen. Die Identifikation einer LP, die mit einem erhöhten Risiko eine maligne Transformation durchläuft, scheint über die Expressionsanalyse möglich. Es kann die Hypothese aufgestellt werden, dass eine erhöhte zelluläre CD44-Konzentration zur Transformation und zum Bestehen des Tumors beiträgt. Im Rahmen des Projekts konnte gezeigt werden, dass Oct3/4 als Stammzellmarker und bei der Entwicklung des Plattenepithelkarzinoms der Mundhöhle unbedeutend zu sein scheint. Die Bedeutung des Nachweises der MAGE-A Expression als unterstützender Faktor zur Risikoeinschätzung von LP und als diagnostischer Parameter bei pathologischen Untersuchungen konnte gefestigt werden. Sox2 scheint bei der malignen Transformation von Leukoplakien keine Rolle zu spielen und fungiert erst in der Phase der Tumorprogression. Seine Bedeutung in dieser Phase wird kontrovers diskutiert und es besteht noch hoher Klärungsbedarf über dessen Funktion, sowie dessen Einfluss auf die Expression von Genen, die in Signalwegen der Zelle eine Rolle spielen. Diese Arbeiten sollten im Mittelpunkt weiterer Untersuchungen stehen. CD44, das als potentieller Stammzellmarker beschrieben ist, könnte an der malignen Transformation von LP und der Progression von Karzinomen in der Mundhöhle beteiligt sein. Auch hier ist eine weitere Aufklärung der Funktion des Proteins, besonders die Bedeutung seiner Varianten, die durch alternatives Spleißen entstehen, notwendig.

 
 

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