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Die Geschichte des Kauf- und Konsumboykottes in Deutschland seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2013 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 235877079
 
Das Projekt analysiert am deutschen Beispiel die Geschichte von Kauf- und Konsumboykotten seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert als katalysatorische Momente der Durchsetzung soziomoralischer und politischer Intentionen über Märkte. Über den Aufruf, auf den Kauf bestimmter Waren und Dienstleistungen zu verzichten oder einzelne Unternehmen zu boykottieren, versuchten Aktivisten, bestimmte ethisch-moralische beziehungsweise politische Ziele durchzusetzen. Indem das Projekt aus akteurszentrierter Perspektive unter anderem Zielsetzungen, Strategiewahl und Aktionsformen sowie die soziale Basis und Entwicklungsdynamiken der Boykotteure und ihrer Aktionen beschreibt, möchte es einen Beitrag zur Erforschung sozialer Bewegungen leisten. Die Analyse des Vorgehens von Boykotteuren erlaubt darüber hinaus Rückschlüsse auf gesellschaftliche Dynamiken. Da beispielsweise die Wahl der Ziele und Strategien in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen erfolgte, können anhand von Kontinuitäten und Diskontinuitäten des Boykottphänomens gesellschaftliche Prozesse wie die Veränderung gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen, der Strukturwandel medialer Öffentlichkeiten oder politisch-systemische Umbrüche reflektiert werden. Zudem rückt die Wirkmächtigkeit der analysierten Boykottaktionen in das Blickfeld und damit die Frage, inwieweit Aktivisten Marktstrukturen durch ihre moralischen Zielsetzungen tatsächlich beeinflussen konnten. Somit kann anhand der Analyse ausgewählter Boykottbeispiele die Interdependenz zwischen gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen und dem Handeln kollektiver Marktakteure aufgezeigt werden. Über die Untersuchung des Zusammenhanges von Konsum und soziomoralischen Intentionen kann das Projekt darüber hinaus einen Beitrag leisten, moralische Kategorien einer historischen Analyse zugänglich zu machen, also zu einer Historisierung von Moral beizutragen. Damit bewegt sich das Projekt an der Schnittstelle zwischen Sozial-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte. Dies geschieht in kritischer Auseinandersetzung mit verschiedenen Forschungsrichtungen - der Erforschung der moral economy, der Konsumgeschichte, der Forschung zu sozialen Bewegungen sowie jener zum politischen Konsum. Somit stellt dieses Projekt interdisziplinär inspirierte, quellenbasierte und archivgestützte Grundlagenforschung dar, die über die Aufarbeitung der Geschichte des Konsumboykottes bis dahin diesbezüglich bestehende Forschungslücken schließt und neue Perspektiven auf die Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts eröffnet.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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