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Kulturtechnik Unternehmensplanspiel. Wissenstransformation und Handlungssteuerung an der Schnittstelle von Wirtschaft, Computerisierung und Medialität
Antragsteller
Professor Dr. Jan-Otmar Hesse; Professor Dr. Rolf F. Nohr
Fachliche Zuordnung
Theater- und Medienwissenschaften
Förderung
Förderung von 2013 bis 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 234148775
Das Unternehmensplanspiel (UPS) entsteht nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Kontext eines all-gemeinen Wandels gesellschaftlicher Steuerungslogiken. Am Schnittpunkt von Unternehmensführung und ökonomischen Paradigmen materialisiert sich im UPS die Emergenz eines neuen Typs marktwirt-schaftlicher Rationalität. Dabei stellt das UPS eine Kulturtechnik dar, die über die Grenzen einer reinen Führungsausbildung oder Prognostik in die Gesamtgesellschaft hinein wirkt: diskursiv über Ansätze der Kybernetik, Informatik und ein verändertes Verständnis von Medialität; als Artefakt schließlich über das Medium »Computer«. In den »Serious Games« der 50er Jahre werden Handlungssteuerung, Wissenstransformation sowie die Adaption an ein neues Medium und einen veränderten Ratio-nalitätsbegriff »gespielt«. Es ist eine relevante epistemologische Innovation des 20. Jahrhunderts, dass das (Plan-)Spiel als operatives Element der Wissens- und Wahrheitsproduktion in einen rationa-len Diskurs eingebunden wird. Ziel des vorliegenden Projekts ist die Analyse der Konjunktur und Po-pularität des UPS in den 1950er bis 1970er Jahren sowie dessen Einfluss auf gesellschaftliche Pra-xen, die über rein ökonomische Zusammenhänge hinausweisen. Die methodische Verbindung von diskursanalytischen, medienhistorischen, wirtschaftshistorischen und spielanalytischen Zugriffsweisen im Hinblick auf eine materialorientierte Geschichte des Unternehmensplanspiels in der Bundesrepublik lässt neue Erkenntnisse über die Funktion des Spiels als Kulturtechnik fortgeschrittener Industrie-gesellschaften erwarten. Dabei wird die Perspektive der Medien- und Kulturwissenschaften durch eine unternehmenshistorische Aufarbeitung der Geschichte des UPS in der Bundesrepublik fundiert und ergänzt. Eine interdisziplinäre Verschränkung des Forschungsprojekts ist dabei essentiell, um den Zusammenhang von Ökonomie, Computer- und Informationstechnologie, Spiel und Gesellschaft im UPS zu analysieren. Wirtschaftsgeschichte, Medientheorie und Kulturwissenschaft sind hier in ihren jeweiligen Theorieansätzen und analytischen Zugriffsformen nicht bloß additiv gesetzt, sondern sollen am Gegenstandsbereich archäologisch und genealogisch synchron sowie in permanentem disziplinä-rem Austausch miteinander arbeiten. Die Beschäftigung mit dem im Untersuchungszeitraum angeleg-ten historisch-archäologischen Knotenpunkt verspricht zudem eine Übertragbarkeit auf zeitgenössi-sche Zusammenhänge: Wichtige Umbrüche, die maßgeblich auch für unsere heutigen postindustriellen Steuerungslogiken und die damit verbundenen Krisen scheinen, fanden zwischen den 50er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts statt. Gerade aus der Doppelfigur der historischen Rekonstruktion und Aufarbeitung zum Verständnis aktueller Diskursfiguren, die sich von der Wirtschaftstheorie bis zur Medienkritik erstrecken, ergibt sich ein innovativer Denkansatz.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen