Ideomotorische Kontrolle antizipativer Handlungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Wir interagieren täglich mit verschiedensten Gegenständen. Diese scheinbar einfachen Handlungen erfordern es jedoch, Wissen über die Objekte, unsere eigenen Bewegungsmöglichkeiten, und die Beziehung zwischen beiden zu integrieren. In den letzten Jahren wurde insbesondere die Frage, wie Griffe für Objektmanipulationen auswählt werden, stark beforscht. Während wir die Funktion verschiedener Greifentscheidungen gut verstehen, kennen wir die beteiligten motor-kognitiven Prozesse und Lernmechanismen nur unzureichend. Diese wurden im vorliegenden Projekt untersucht. In einem typischen Experiment griff eine VP ein Objekt, um es zu drehen. Normalerweise greifen VPn das Objekt unterschiedlich, je nach der zu realisierenden Objektbewegung (End-state Comfort Effect). WP1 der ersten Finanzierungsperiode zeigte, dass kognitive Faktoren einen erheblichen Einfluss auf die Greifauswahl hatten, insbesondere im Vergleich zu biomechanischen Faktoren. WP2 zeigte, dass Erfahrungen in atypischen Objektmanipulatonsaufgaben (z. B., in denen die Funktionalität des End-state Comfort Effects reduziert wurde), die Greifauswahl bei transparent typischen Aufgaben beeinflusste. Dies weist auf einen langsamen, erfahrungsbasierten Lernprozess hin. WP3 zeigte, dass Greifbewegungen nicht mittels eines internen Mappings zwischen Objekt- und Körperbewegungen (i.e., Simulation) geplant werden. Im Gegensatz dazu scheint die Griffplanung auf der Assoziation von Griffen und Aspekten der resultierenden Objektbewegung zu beruhen. WP4 zeigte, dass Griffe oft stärker als nötig ausgelenkt werden, um Objektbewegungen zu optimieren. Dies kann jedoch bei Berücksichtigung motorischer Variabilität als annähernd optimal betrachtet werden. Insgesamt zeigte sich, dass kognitive Theorien nötig sind, um das untersuchte Verhalten zu verstehen. In der zweiten Finanzierungsperiode wurde geprüft, ob die bisherigen Befunde mittels der ideomotorischen Theorie erklärt werden können. Konkret wurde geprüft, ob Griffe ni-direktional mit nachfolgenden Objektbewegungen assoziiert werden. WP1 verwendete die Induktionsmethode, um zu testen, ob solche Assoziationen gelernt werden und zur Greifauswahl beitragen. Die Hypothese konnte nicht bestätigt werden. WP2 verwendete Stimulus-Response- und Response-Effekt-Kompatibilitäts-Paradigmen, um erworbene Assoziationen zwischen Griffen und Objektbewegungen nachzuweisen. Die Experimente konnten keinen Nachweis für solche Assoziationen erbringen. WP3 zeigte, dass die visuelle Komplexität der antizipierten Objektbewegung die Greifauswahl beeinflussen kann, fand jedoch keinen konsistenten Effekt gemäß den Hypothesen. Zusammenfassend trug das Projekt zu unserem Verständnis der kognitiven Prozesse und Lernmechanismen bei, die einem alltäglichen Verhaltens wie der Auswahl von Greifbewegungen für Objektmanipulationen zugrunde liegen. Die Hypothese, dass diese Prozesse durch die ideomotorische Theorie erklärt werden können, wurde nicht bestätigt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Intelligente Bewegungen: Wie vorausschauendes Verhalten alltägliche Bewegungen einfacher macht. The Inquisitive Mind, 2
Herbort, O.
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The contribution of cognitive, kinematic, and dynamic factors to anticipatory grasp selection. Experimental Brain Research, 232(6), 1677-1688.
Herbort, Oliver; Butz, Martin V. & Kunde, Wilfried
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What's in a Grasp?. American Scientist, 102(5), 366.
Herbort, Oliver; Rosenbaum, David; van der Wel, Robrecht & Weiss, Daniel
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Too much anticipation? Large anticipatory adjustments of grasping movements to minimal object manipulations. Human Movement Science, 42(2015, 8), 100-116.
Herbort, Oliver
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Habit outweighs planning in grasp selection for object manipulation. Cognitive Psychology, 92(2017, 2), 127-140.
Herbort, Oliver; Mathew, Hanna & Kunde, Wilfried
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Inverting the planning gradient: adjustment of grasps to late segments of multi-step object manipulations. Experimental Brain Research, 235(5), 1397-1409.
Mathew, Hanna; Kunde, Wilfried & Herbort, Oliver
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Preschool children adapt grasping movements to upcoming object manipulations: Evidence from a dial rotation task. Journal of Experimental Child Psychology, 167(2018, 3), 62-77.
Herbort, Oliver; Büschelberger, Juliane & Janczyk, Markus
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Emergence of anticipatory actions in a novel task. Experimental Brain Research, 237(6), 1421-1430.
Herbort, Oliver & Kunde, Wilfried
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Grasp planning for object manipulation without simulation of the object manipulation action.. Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 45(2), 237-254.
Herbort, Oliver; Kirsch, Wladimir & Kunde, Wilfried