Statische und dynamische Bewertung soziotechnischer Fertigungssysteme
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Prozessbeherrschung und das technologische Know-how sind die wesentlichen Alleinstellungsmerkmale des Produktionsstandortes Deutschland. In heutigen Due Diligence Prozessen, angewendet bei Kapitalbeschaffungsmaßnahmen oder dem Kauf von Unternehmensanteilen, werden jedoch produktionstechnologische Aspekte meist vollkommen vernachlässigt. Zielsetzung des beantragten Forschungsvorhabens war daher die Entwicklung einer Methodik zur Modellierung und Bewertung soziotechnischer Fertigungssysteme. Als Bewertungsrahmen wurde zunächst ein multidimensionales Zielsystem erarbeitet, das sowohl ökonomische als auch ökologische, technische und organisatorische Kriterien beinhaltet. Durch eine variable Gewichtung der Kriterien und den modularen Aufbau wird eine breite Anwendbarkeit des Zielsystems hinsichtlich unternehmensspezifischer Rahmenbedingungen gewährleistet. Anschließend wurde eine Methode zur Komplexitätsreduktion des Betrachtungsgegenstandes entwickelt, die es ermöglicht die im Anwendungszusammenhang relevanten Fertigungsprozesse zu identifizieren. In Anlehnung an die allgemeine Systemtheorie wurden zur Strukturierung der Problemstellung zunächst Modelle zur Erfassung und Beschreibung der Eigenschaftsprofile der Subsysteme (Ressourcen, Fähigkeiten, Organisation), die das Gesamtsystem Fertigungssystem bilden, aufgestellt und operationalisiert. Die Modellierung der Leistungsfähigkeit der Ressourcen wird durch einen Abgleich des rein technologisch betrachteten Fertigungssystems mit einem optimierten Referenzsystem ermöglicht. Dieses lässt sich generieren, indem Optimierungspotenzial aus einer prozessübergreifenden Analyse der Fertigungshistorie des Betrachtungsobjektes abgeleitet wird. Ein elementarer Faktor zur Beschreibung ist darüber hinaus die Organisation soziotechnischer Fertigungssysteme. Aufbauend auf einer Typologisierung der Merkmale soziotechnischer Systeme wurde im Rahmen dieses Forschungsvorhabens ein Gestaltungsmodell zur zielorientierten Organisation des Fertigungssystems entwickelt. Um das Gesamtsystem Fertigungssystem beschreibbar zu machen, wurden die Subsysteme anschließend über ein Beschreibungsmodell verknüpft. Auf Basis der Beschreibung des holistischen Systems wurde eine Methodik zur statischen Bewertung des produktionstechnologischen Potenzials eines Unternehmens abgeleitet. Zusätzlich zu der statischen Bewertung wurde eine Methodik zur dynamischen Bewertung eines Fertigungssystems unter Einbezug zukünftig wahrscheinlicher Produktprogramme entwickelt. Sowohl potenzielle Anforderungen bezüglich der Stückzahl als auch hinsichtlich des eingesetzten Materials oder der geforderten Produkteigenschaften wurden berücksichtigt. Die Verknüpfung mit sozialen Kriterien erlaubt eine gesamtheitliche Bewertung des soziotechnischen Systems. Durch die Verwendung einer holistischen Bewertung des soziotechnischen Systems können Informationsasymmetrien von Investoren bzw. Finanzdienstleistern und Unternehmenseignern bei technologieorientierten Transaktionen reduziert werden. Darüber hinaus können die Forschungsergebnisse zur Analyse des eigenen Fertigungssystems verwendet und so Optimierungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Dies spiegelt auch den wirtschaftlichen Nutzen dieser grundlegenden Forschung wieder.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- A new framework to evaluate the process capability of production technologies during production ramp-up. Procedia CIRP 2nd ICRM 2014 International Conference on Ramp-Up Management, 2014
Stauder, J.; Buchholz, S.; Klocke, F.; Mattfeld, P.
(Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1016/j.procir.2014.05.043) - Bewertung des Substitutionsrisikos von Fertigungssystemen. Dissertation RWTH Aachen, 2014
Buchholz, S.
- Technology chain optimization: a systematic approach considering the manufacturing history. Prod. Eng. Res. Devel, 2014
Klocke, F.; Buchholz, S.; Stauder, J.
(Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1007/s11740-014-0572-9)