Regulation selektiver Aufmerksamkeit und Inhibition: Eine Entwicklungsperspektive
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Entwicklung der Fähigkeit, Aufmerksamkeit auf visuelle Reize zu regulieren und zu kontrollieren ist in einer von audiovisuellen Medien geprägten Kultur von zunehmendem Interesse. Das vorliegende Forschungsprojekt untersuchte Verhalten und Gehirnprozesse bei Kindern und Erwachsenen während der Bearbeitung von Aufgaben, die eine Kontrolle der Aufmerksamkeitsressourcen erfordern. Ein klinischer Aspekt des vorliegenden Projektes hatte Unterschiede in der Aufmerksamkeitsregulation zwischen Kindern und Jugendlichen mit und ohne Aufmerksamkeitsstörung zum Gegenstand. Über Studien hinweg zeichnete sich ab, dass die zeitliche Kontrolle der Zuweisung und Inhibition von attentionalen Ressourcen stark mit der allgemeinen Leistungsfähigkeit zusammenhängt. Größere zeitliche Kontrolle der Aufmerksamkeit ging durchweg mit besseren Leistungen, einem höheren Lebensalter, und einer klinisch unauffälligen Entwicklung der Aufmerksamkeit einher. Besonders bei jüngeren Kindern zeigten sich Unterschiede in der Verteilung der Aufmerksamkeit über mehrere Reize, die sich in anderen Maßen nicht niederschlugen. Diese Unterschiede hingen mit anderen spezifischen Merkmalen dieser Kinder zusammen, etwa mit der Rechtschreibleistung. Auf Ebene des Gehirns spiegelte sich die zeitliche Unsicherheit der Aufmerksamkeitsallokation bei jüngeren Kindern und bei Kindern mit Störungen der Aufmerksamkeit in einem früheren Einsetzen und längerem Andauern der Störeffekte durch Ablenkreize wider. Die Kontrolle der Aufmerksamkeit wird durch emotional erregende Reize verringert. Solche Reize sind potente Distraktoren und interferieren für mehrere 100 Millisekunden mit einer eigentlich relevanten Primäraufgabe, auch wenn die Ablenkreize selbst nicht mehr präsent sind. Dieser Effekt ist besonders ausgeprägt für aversive Reize und für jüngere Kinder. Die Ergebnisse des Projektes weisen darauf hin, dass “Aufmerksamkeit” als pädagogisches Konstrukt mit den Mitteln der experimentellen Psychologie betrachtet werden kann und dann spezifische Aussagen für unterschiedliche Funktionen im schulischen und persönlichen Umfeld der Kinder möglich sind. Starke Interferenzeffekte emotional gefärbter Ablenkinformation (Bilder, Wörter) auf primäre Aufgaben wurden beobachtet. Diese Befunde haben Implikationen für die Entwicklung von Lernmedien. Trainingsverfahren zur Förderung spezifischer Aspekte der zeitlichen Aufmerksamkeitskontrolle schließlich sind auf der Basis der hier berichteten Ergebnisse denkbar und werden Gegenstand künftiger Bemühungen unserer Arbeitsgruppe sein.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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