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Transformationen von Geschlechterordnungen in Syrien und Marokko

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 221779305
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Tradierte Genderrollen sind heute in einem Wandel begriffen, der auf die Aktivität der Zivilgesellschaft hinsichtlich der Bemühung um eine egalitäre Genderordnung sowie auf einen Wertewandel bei der jungen Generation zurückzuführen ist. Der Diskurs um Sexualität hat sich in den letzten Jahren geöffnet und intensiviert. Dazu trugen nicht nur Journalisten oder Kunstschaffende, sondern auch die rege Aktivität der Zivilgesellschaft und nicht zuletzt die Jugendlichen selbst bei, die deviante Beziehungsformen praktizieren. Dadurch verschieben sie (direkt oder indirekt) oktroyierte bestehende gesellschaftliche Grenzen zwangsläufig und stellen ihre Gesellschaft vor die Herausforderung, dieses soziale Phänomen zu akzeptieren und sich zu modernisieren. Jugendliche fungieren dabei als Agenten des sozialen Wandels (agents of change), weil sie von ihren zivilen Freiheiten zunehmend Gebrauch machen, die bestehenden Gesellschaftsnormen in Frage stellen und Kritik an der tradierten Geschlechterordnung üben. Der bestehende Diskurs rund um die Sexualität ist ein Zeichen dafür, dass dieses Thema von seiner Tabuisierung befreit ist und in der Gesellschaft Beachtung findet. Der Diskurs spiegelt die Intensität gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse wider, die sich zwischen der Jugend und der konservativen Bevölkerung abspielen. Durch ihre direkte (öffentlich) oder indirekte (privat) Herausforderung bestehender sozialer Normen signalisieren die Jugendlichen ihrer Gesellschaft, dass rechtliche Bestimmungen an ihre Lebensrealität angepasst werden müssen. Die Debatte um das Reformprojekt verdeutlicht die Dynamik des Sexualitätsdiskurses und die Diversität der Akteure, die sich für oder gegen die sexuelle Liberalisierung aussprechen und ist ein Indiz dafür, dass sich der Diskurs und der Aushandlungsprozess rund um die voreheliche Sexualität auf dem Höhepunkt befindet. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob und wie das Land sich diesen Herausforderungen stellen, also der in der Verfassung verankerten Gültigkeit der universellen Menschenrechte auch rechtspraktische Taten folgen lassen wird. Die marokkanische Gesellschaft befindet sich heute, trotz des Erstarkens einer wahhabitisch geprägten Ideologie, in einer Transition von einer traditionell patriarchalen geschlechterhierarchischen zu einer geschlechter-egalitären Gesellschaft, die sich in den Einstellungen der Bevölkerung, insbesondere der jungen Generation widerspiegelt. Die demographischen Veränderungen in der Gesellschaft, ihre Verjüngung und die Verschiebung des Heiratsalters sowie die damit verbundenen alternative Beziehungsformen können das Potential bergen, gesellschaftliche Transformationen der kulturellen Vorstellungen von Geschlechtermodellen zu bewirken und tradierte soziale Konstruktionen obsolet werden zu lassen. Die junge Generation wird in Zukunft einen entscheidenden Einfluss auf Prozesse der Modernisierung und Demokratisierung der Gesellschaft haben, von denen Frauenrechte nur eine, wenn doch entscheidende, Komponente darstellen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2013): Geschlechtergerechtigkeit durch Demokratisierung? Transformationen und Restaurationen von Genderverhältnissen in der islamischen Welt, Bielefeld
    Schröter, Susanne (Hg.)
  • (2015): „Salafismus und Jihadismus in Marokko“, in: Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam (FFGI): Dossier „Salafismus und Jihadismus“
    Schuckmann, Alewtina
  • (2016): „Marokkos Frauen auf dem Weg zu mehr Partizipation in Politik und Gesellschaft“, in: Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam (FFGI): Dossier „Politische Partizipation von Frauen in der Islamischen Welt“
    Schuckmann, Alewtina
  • (2019): Jugend und Gender in Marokko: eine Ethnographie des urbanen Raums (Dissertation). Bielefeld : transcript. 410 S.
    Schuckmann, Alewtina
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/9783839446317)
 
 

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