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Präparationsapparatur für magnetische Quantengase

Fachliche Zuordnung Optik, Quantenoptik und Physik der Atome, Moleküle und Plasmen
Förderung Förderung in 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 220100693
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In der Welt der Quantenmechanik ist alles anders: Auf Längenskalen von wenigen Nanometern sind klassische Vorstellungen von Materie nicht mehr möglich. In diesem Längenbereich sind die Bausteine der Materie sowohl Welle als auch Teilchen und haben nur noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit an einem bestimmten Ort zu sein. Diese Effekte lassen sich in ultrakalten verdünnten Gasen direkt beobachten. Hierfür werden Tausende bis Millionen Atome bis auf wenige Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt herabgekühlt. Dann sind die Atome einzeln nicht mehr unterscheidbar und vereinen sich zu einer kollektiven Materiewelle. Dieser ungewöhnliche Zustand nennt sich Bose-Einstein-Kondensat und verleiht dem Atomkollektiv erstaunliche Eigenschaften. Diese Materiewelle fließt als Quantenflüssigkeit ohne Viskosität - also völlig reibungsfrei - und wird deshalb Supraflüssigkeit genannt. Wir haben eine solche Supraflüssigkeit mit starkem magnetischem Verhalten hergestellt. Es handelt sich dabei um ein Bose-Einstein-Kondensat aus Dysprosiumatomen und wir nennen es Quanten-Ferrofluid. Da Dysprosium das am stärksten magnetische Element im Periodensystem ist, verhält sich unsere Quantenflüssigkeit wie ein herkömmliches Ferrofluid. Ferrofluide bestehen aus unzähligen winzigen magnetischen Eisenpartikeln, die in Öl oder Wasser gelöst sind. Bereits diese Ferrofluide haben bemerkenswerte Eigenschaften. Sie werden durch ein äußeres Magnetfeld magnetisiert und können sich entsprechend der magnetischen Feldrichtung anordnen. Legt man ein starkes Magnetfeld senkrecht zu der Ferrofluidoberfläche an, wirken verschiedene Kräfte auf das Ferrofluid: die Schwerkraft, die magnetische Kraft und die Oberflächenspannung. Wenn die magnetische Kraft alle anderen Kräfte übertrifft, widerfährt die Oberfläche des Ferrofluids eine Rosensweig-Instabilität. Es bildet sich dann eine igelförmige, regelmäßige Oberflächenstruktur aus vielen Spitzen. Aus der Sicht der magnetischen Teilchen ist dieses Verhalten verständlich: Da sich Nord- und Südpol eines Magneten anziehen, ist es für die Teilchen energetisch vorteilhaft sich entlang der Feldrichtung anzuordnen und somit Spitzen auf der zuvor glatten Oberfläche zu erzeugen. Im Quanten-Ferrofluid übernehmen die Dysprosiumatome die Rolle der Eisenteilchen als winzige atomare Magnete. Für unsere Untersuchungen haben wir ein pfannkuchenförmiges Wölkchen aus etwa 15.000 Dysprosiumatomen in einer optischen Atomfalle hergestellt. Wir legten ein Magnetfeld an und richteten somit die atomaren Magnete senkrecht zur Pfannkuchenebene aus. In unserem Quanten-Ferrofluid wirken auch verschiedene innere und äußere Kräfte wie bei einem Ferrofluid. Von außen werden die Atome von der optischen Falle gefangen und innere Kräfte sind atomare Wechselwirkungen. Zusätzlich zu der magnetischen Wechselwirkung gibt es noch eine abstoßende Kontaktwechselwirkung zwischen den Atomen. Diese abstoßende Kraft konnten wir präzise verringern und verursachten damit eine magnetische Instabilität. Wir beobachteten, wie bei einer Rosensweig-Instabilität von Ferrofluiden, das Auftreten von geordneten Kristallstrukturen. Diese Strukturen setzen sich aus mikroskopischen Tröpfchen zusammen. Die Tröpfchen haben jeweils Ausmaße kleiner als 1 µm und ihre Existenz wurde nach dem bisherigen Kenntnisstand nicht für möglich gehalten. Durch weitere Untersuchungen der Quantentröpfchen haben wir starke Anzeichen, dass Quantenfluktuationen, die durch die Heisenberg’sche Unschärferelation hervorgerufen werden, eine entscheidende Rolle für die Stabilität dieser Quantenmaterie spielen. Wir konnten den Ursprung der Stabilität herausfinden, indem wir die Tröpfchen in einer optischen Pinzette einzeln getrennt haben. Dadurch konnten wir die Eigenschaften einzelner Quantentröpfchen untersuchen und ihre inneren Kräfte variieren. Das Verhalten der Tröpfchen entspricht den Erwartungen von theoretischen Modellen, die Quantenfluktuationen einbeziehen. Dies bedeutet auch, dass wir erstmals einen Materiezustand gefunden haben, der nur aufgrund von Quantenfluktuationen existieren kann. Weiterhin konnten wir zeigen, dass die magnetische Wechselwirkung stark genug ist, um die Tröpfchen ganz ohne äußere Falle zusammenzuhalten. Diese Entdeckung ist im Vergleich zur üblichen Realisierung von Quantengasen in Atomfallen gänzlich anders und bietet die Möglichkeit diese Tröpfchen als isolierte Quantensysteme frei von äußeren Einflüssen zu studieren.

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