Konzeption, Implementierung und Evaluation einer Gesundheitsberichterstattung im urbanen Indien am Beispiel der indischen Megastadt Pune
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die im Projektantrag spezifizierte Ausgangsfrage und Zielsetzung wurde zu Projektbeginn nach einer systematischen Literaturrecherche und Stakeholder-Konsultation vor Ort fokussiert: Ziel des anwendungsorientierten Forschungsprojekts war die Konzeptualisierung eines Prototyps für eine urbane Gesundheitsberichterstattung (GBE) nicht-übertragbarer Erkrankungen in Pune, der in drei Gebieten getestet wurde. Gleichzeitig erfolgte eine Evaluierung des Implementierungsprozesses. In drei ausgesuchten Untersuchungsgebieten wurden in der ersten Projektphase sämtliche privaten Allgemeinmediziner (unabhängig vom jeweils praktizierten Medizinsystem) kartiert (n=370). In der zweiten Phase wurde eine Knowledge-Attitude-Practice (KAP)-Studie durchgeführt, um Wissen, Infrastruktur, Praktiken und Einstellungen zu GBE zu erheben (n=258). In der dritten Phase wurden Ärzte auf freiwilliger Basis für sechs Monate als Meldestellen in die regelmäßige Erfassung von Neuerkrankungen im Bereich der nichtübertragbaren Erkrankungen eingebunden (n=127). Die Ergebnisse der KAP-Studie zeigen, dass (1) private Allgemeinmediziner aller Medizinsysteme wichtige Erstkontakte für Patienten mit nicht-übertragbaren Erkrankungen in den drei Untersuchungsgebieten darstellen, (2) das Wissen der Allgemeinmediziner über GBE weitestgehend ungenügend ist, (3) die Teilnahme an GBE-Aktivitäten bisher begrenzt und (4) die Ausstattung der Praxen in vielen Fällen nicht ausreicht, um beispielsweise digitale ad hoc-Systeme zu implementieren. (5) Dennoch zeigten die Ärzte mit ihrer Teilnahmebereitschaft ein hohes Interesse an der Pilotstudie. In der Implementierungsphase des GBE-Systems konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden: die geringe Abbruchrate, die gute Kooperationsbereitschaft, die Art der Berichterstattung und die Datenqualität sowie die positive Evaluierung der Studie seitens der Ärzte lassen darauf schließen, dass die Inklusion des privaten Gesundheitssektors der primären Versorgungsstufe in die GBE machbar und das Design übertragbar ist. Allerdings sollten dafür wichtige systemische, infrastrukturelle, Wissens- und Verhaltensbarrieren beseitigt werden. Da bisher in Indien keine gesetzliche Grundlage für eine routinemäßige GBE nicht-übertragbarer Erkrankungen existiert, empfiehlt sich auf Grundlage der Studienergebnisse für Pune sowie auch andere indische Städte ein aktiv unterstützendes Sentinel-System auf freiwilliger Basis zu etablieren, um epidemiologische Transformationsprozesse frühzeitig zu erkennen, geeignete präventive Maßnahmen zu ergreifen und adäquate kurative Angebote zu schaffen. Da nicht-übertragbarer Erkrankungen eine zunehmende Gefährdung der öffentlichen Gesundheit darstellen, kann durch ein solches System eine wichtige evidenz-basierte Wissensbasis für gesundheitspolitische Interventionen in Städten abgeleitet werden. Das Projekt stieß bei verschiedenen Akteursgruppen in Pune (Stadtverwaltung, Gesundheitsministerium, Ärzteschaft, Wissenschaftler), die in die verschiedenen Vorbereitungs- und Durchführungsphasen sowie die beiden Projekt-Workshops in Pune involviert wurden, auf großes Interesse.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- 2014. Does rapid urbanization aggravate health disparities? Reflections on the epidemiological transition in Pune, India. Global Health Action 7: 23447
Kroll, M., Bharucha, E., Kraas, F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.3402/gha.v7.23447) - 2015. Challenges to the surveillance of non-communicable diseases – a review of selected approaches. BMC Public Health 15: 1243
Kroll, M., Phalkey, R., Kraas, F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1186/s12889-015-2570-z) - 2015. Environmental Health Monitoring: A Risk Factor Approach towards Health. The International Journal of Humanities and Social Studies 3 (8): 178-185
Dutta, S., Bharucha, E.
- 2015. Evidenzbasierte Daten zur Kontrolle nicht-übertragbarer Erkrankungen in Indien - eine Pilotstudie zu Gesundheitsberichterstattung im privaten Gesundheitssektor in Pune. In: Poerting, J, Keck, M. (Hrsg.): Aktuelle Forschungsbeiträge zu Südasien. Band 3. Heidelberg: 17-20
Kroll, M.
- 2015. How does rapid urbanization in India affect human health? Findings from a case study in Pune. Asien 134: 73-93
Butsch, C., Kroll, M., Kraas, F., Bharucha, E.
- 2015. Knowledge, attitude, and practices with respect to disease surveillance among urban private practitioners in Pune, India. Global Health Action 8: 28413
Phalkey, R., Kroll, M., Dutta, S., Shukla, S., Butsch, C., Bharucha, E., Kraas, F.
- 2016. Involving private practitioners in an urban NCD sentinel surveillance system: lessons learned from Pune, India. Global Health Action 9: 32635
Kroll, M., Phalkey, R., Dutta, S., Shukla, S., Butsch, C., Bharucha, E., Kraas, F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.3402/gha.v9.32635) - 2016. Non-communicable diseases in urban India - Challenges for public health. UGEC Viewpoints July 19, 2016
Kroll, M., Kraas. F.
- From habits of attrition to modes of inclusion: enhancing the role of private practitioners in routine disease surveillance. BMC Health Services Research, 2017, 17:599
Phalkey, R., Butsch, C., Belesova, K., Kroll, M., Kraas, F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1186/s12913-017-2476-9) - Urban health challenges in India – lessons learned from a surveillance study in Pune. Die Erde, Vol. 148, No. 1, March 2017, 74-87
Kroll, M., Phalkey, R., Dutta, S., Butsch, C., Bharucha, E., Kraas, F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.12854/erde-148-31)