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Determinanten der Ruhestandsentscheidung in Europa und den USA. Ein internationaler Vergleich institutioneller, betrieblicher und individueller Faktoren

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 214840995
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In den vergangenen zwei Jahrzehnten war in vielen modernen europäischen Wohlfahrtsstaaten eine Abkehr vom zuvor dominanten Modell der Frühverrentung älterer Arbeitnehmer und eine zunehmende Orientierung an einer Politik des „Aktiven Alterns“ zu beobachten. Während bis in die 1990er Jahre hinein Arbeitsmarkt- und Rentenpolitiken einen vorzeitigen Ausstieg älterer Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben beförderten, wurden ab der Jahrtausendwende Maßnahmen zur Förderung einer längeren Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer implementiert. Vor dem Hintergrund dieses politischen Paradigmenwechsels untersuchte das vorliegende Projekt in seiner ersten Projektphase auf Basis von Expertenberichten für 11 europäische Länder, die USA und Japan, wie sich die Rahmenbedingungen der Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer auf politischer und betrieblicher Ebene gewandelt habe. In der zweiten Projektphase wurde auf Basis von Surveydaten analysiert, wie sich die aktuellen Veränderungen auf individuelle Ruhestandsentscheidungen ausgewirkt haben. Hierbei wurde nicht nur der Zeitpunkt des Ruhestandsübergangs untersucht, sondern ebenso dessen Gründe bzw. diejenigen einer Weiterarbeit über das Ruhestandalter hinaus rekonstruiert. Die Kernerergebnisse des Projekts lassen sich wie folgt zusammenfassen: Seit den 1990er Jahren ist in den meisten europäischen Staaten sowie in den USA ein Wiederanstieg der Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer zu beobachten. Dieser Anstieg sowie sein national unterschiedliches Ausmaß stehen in einem engen Zusammenhang mit der Reduzierung von Frühverrentungsanreizen und dem Abbau existierender Arbeitsmarktrigiditäten. Für eine umfassende Erklärung der Trendumkehr müssen jedoch zusätzlich Politiken des „Aktiven Alterns“ berücksichtigt werden, die eine längere Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer explizit fördern bzw. diese finanziell einfordern. Länder mit umfassenden Maßnahmen zur politischen Förderung der Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer weisen auch umfassende betriebliche Personalpolitiken zu deren Förderung auf und vice versa. Die Ergebnisse sprechen somit für die These einer wechselseitigen Verstärkung politischer und betrieblicher Maßnahmen. Nicht alle Arbeitnehmergruppen profitieren in gleichem Maße von der Politik des Aktiven Alterns. Zwar ist schichtübergreifend ein Anstieg der Alterserwerbstätigkeit zu beobachten, insbesondere Personen mit geringer Bildung neigen zunehmend zu längerer Erwerbstätigkeit. Hinter dieser Angleichung der Beschäftigung verbergen sich jedoch unterschiedliche Motive der Alterserwerbstätigkeit: Während diese bei statusniedrigeren Personen vielfach durch finanzielle Notwendigkeit „erzwungen“ wird, weisen statushöhere Personen häufiger intrinsische Motive für die Weiterarbeit auf. Schichtspezifische Differenzen zeigen sich auch im Hinblick auf den Ruhestandsübergang, der von Personen mit geringem Humankapital häufiger als ein erzwungener Übergang angesehen wird, während statushöhere Schichten größere Entscheidungsspielräume in der Planung des Ruhestandsübergangs aufweisen. Die Ergebnisse sprechen somit für eine Verschärfung sozialer Ungleichheiten im Ruhestandsübergang im Zuge des politischen Paradigmenwechsels von der Frühverrentung hin zum „Aktiven Altern“. Gleichwohl hängt das Ausmaß derartiger „neuer sozialer Ungleichheiten“ von der Gestaltung der Rahmenbedingungen des Ruhestandsübergang ab. Während etwa die aktive Förderung der Erwerbstätigkeit Älterer in den skandinavischen Staaten soziale Ungleichheiten auf ein Minimum beschränkte, fallen diese insbesondere in denjenigen Ländern hoch aus, in denen die Reduzierung von Ruhestandsanreizen nicht ausreichend durch den Ausbau aktiver Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer begleitet wurde.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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