Eine neue quantenchemische Methode für exzitonische Kopplung in kovalent gebundenen Bi- und Multichromophoren und für Singulettspaltung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Exzitonische Kopplung und Anregungsenergietransfer (EET) zwischen Farbstoffen spielen beivielen optoelektronischen Prozessen eine wichtige Rolle. Eine besondere Variante dieses Energietransfers ist die Singulettspaltung, bei der aus einem durch Photoabsorption erzeugten hochenergetischen Singulettexziton in einem spinerlaubten Prozess zwei niederenegetische Triplettexzitonen generiert werden. Ein mechanistisches Verständnis des Exzitonentransfers und der Singulettspaltung könnte dazu beitragen, dass die Effizienz von organischen Solarzellen erheblich gesteigert wird. Bisher war eine Berechnung der exzitonischen Kopplung in der Regel nur für Through Space-Energietransfer möglich, insbesondere den Förster-Mechanismus. Ziel dieses Projekts war es, eine neue quantenchemische Methode bereitzustellen, mit der exzitonische Kopplungen in kovalent verbrückten Multichromophoren oder bei kleinen Donor-Akzeptor-Abständen genau und effizient berechnet werden können. Insbesondere sollten auch Through Bond-Wechselwirkungen berücksichtigt werden. Da man vermutet, dass an der Singulettspaltung Doppelanregungszustände beteiligt sind, sollte die neue Methode auch solche elektronisch angeregten Zustande addressieren können. Die Entwicklung des Verfahrens zur Berechnung des exzitonischen Kopplungsmatrixelements (EC-ME) erfolgte in mehreren Schritten. Zunächst wurde der bekannte Monomer Transition Density (MTD)-Ansatz für und die Coulombbeitrage (Forster-Terme) zum ECME zwischen multikonfigurationellen Wellenfunktionen implementiert und um Austauschbeiträge (Dexter-Terme) ergänzt. Damit konnten Ratenkonstanten fur Through Space-Beiträge über Fermis Goldene Regel in Condon-Näherung erhalten werden. Die effiziente Berechnung der Monomer-Übergangsdichtematrizen machte es darüber hinaus möglich, EET zwischen zwei mit Fluoreszenzmarkern (Cy5 und Alexa Fluor 488) versehenen RNA-Doppelsträngen während einer Molekulardynamiksimulation zu verfolgen und die Gültigkeit der typischerweise zur Interpretation von FRET-Experimenten verwendeten idealen Dipolnaherung (IDA) für kurze Interchromophorabstande zu überprüfen. Dass bei Mittelung über alle Schnappschüsse mit beiden Ansätzen vergleichbare Ergebnisse erhalten werden, ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden am RNA-Gerüst fixierten Farbstoffe bei kurzen Abständen nur selten eine kollineare Anordnung (κ2 = 4) annehmen und die Abweichungen durch die häufig auftretenden kleinen Orientierungsfaktoren zwischen κ2 = 0 und 1 gedämpft werden. Ein weiteres interessantes Ergebnis ist, dass ein kurzer Abstand der Ankerpunkte der Farbstofflabels auf der RNA nicht automatisch einen kurzen Abstand der Farbstoffmoleküle selbst zur Folge hat. Bedingt durch den sterischen Anspruch der Moleküle und eine gewisse Steifigkeit der Linker gegenüber Verformung können sich die Farbstoffe dann am nächsten kommen, wenn die Ankerpunkte etwas mehr als eine komplette Schraubenwindung der RNA-Helix entfernt liegen. In einem zweiten Schritt sollten mit Hilfe eines supramolekularen Ansatzes auch Through Bond-Beiträge zum EET in kovalent verbruckten Energietransferkassetten Berücksichtigung finden. Bei ersten Testrechnungen stellte sich allerdings heraus, dass das beiden Monomer-Rechnungen sehr erfolgreich eingesetzte semiempirische kombinierte Dichtefunktionaltheorie und Multikonfigurationswechselwirkungs (DFT/MRCI)-Verfahren in seiner ursprünglichen Parametrisierung nicht auf Dimere und Multichromophorsysteme angewendet werden kann, da es artifiziell niedrige Anregungszustände mit vier offenen Schalen liefert. Als Alternative wurde zunächst eine Entwicklung auf Basis eines konfigurationsselektierenden Multireferenz-Moller-Plesset-Störungstheorie 2. Ordnung (MR-MP2) ins Auge gefasst, letztendlich wurde dieser Ansatz aber wegen des hohen Rechenaufwands für die doch recht großen molekularen Systeme verworfen. Die Separation von Beiträgen lokaler und Charge Transfer-Anregungen zum EET in kovalent verbrückten Energietransferkassetten gelang schließlich durch die Verwendung eines redesignten und reparametrisierten DFT/MRCI-Hamiltonoperators und durch eine Transformation der supramolekuaren Übergangsdichtematrizen (STD) in die Atomorbitalbasis. Mit Blick auf die Singulettspaltung in einem vielversprechenden chinoiden Bithiophen konnte ein intramolekularer Mechanismus ausgeschlossen werden. Für ein versetzt n-gestapeltes Dimer gelang es hingegen, die energetischen Voraussetzungen für die Singulettspaltung zu bestätigen. Darüber hinaus konnten Kernschwingungsmoden identifiziert werden, die eine effiziente Relaxation eines optisch adressierbaren Singulettzustands des Dimers in einen dunklen exzitonischen Zustand mit Doppelanregungscharakter und eine anschließende Separation des gekoppelten Triplettpaars begünstigen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Quantum-chemical studies on excitation energy transfer processes in BODIPY-based donoracceptor systems. Chem. Theory Comput. 11, 4316-4327 (2015)
J. D. Spiegel, M. Kleinschmidt, A. Larbig, J. Tatchen, and C. M. Marian, J.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1021/acs.jctc.5b00501) - Failure of the IDA in FRET systems at close inter-dye distances is moderated by frequent low κ2 values. J. Phys. Chem. B 120, 8845-8862 (2016)
J. D. Spiegel, S. Fulle, M. Kleinschmidt, H. Gohlke, and C. M. Marian
(Siehe online unter https://doi.org/10.1021/acs.jpcb.6b05754) - Singlet excitation energy transfer in covalently bridged and non-bridged bichromophoric systems. Dissertationsschrift, Heinrich Heine-Universität Düsseldorf (2016)
J. D. Spiegel
- Singlet fission in quinoidal oligothiophenes. J. Phys. Chem. C 120, 13901-13910 (2016)
N. Elfers, I. Lyskov, J. D. Spiegel, and C. M. Marian
(Siehe online unter https://doi.org/10.1021/acs.jpcc.6b02263) - Charge-transfer contributions to the excitonic coupling matrix element in BODIPY-based energy transfer cassettes. Chem. Phys. 482, 265-276 (2017)
J. D. Spiegel, I. Lyskov, M. Kleinschmidt, and C. M. Marian
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.chemphys.2016.10.004)